Kurz notiert // Urheberrecht
Oberlandesgericht Hamm
Perspektive Luftraum - Drohnenaufnahmen sind nicht von der urheberrechtlichen Panoramafreiheit gedeckt
OLG Hamm, Urteil vom 27.04.2023 – 4 U 247/21; Vorinstanz: LG Bochum, Urteil vom 18.11.2021 - 8 O 97/21
MIR 2023, Dok. 039, Rz. 1
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In einem Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst und einem Verlag hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 27.04.2023 (4 U 247/21) entschieden, dass Bildaufnahmen die mittels einer Drohne gefertigt werden nicht von der urheberrechtlichen Panoramafreiheit (vgl. § 59 UrhG) gedeckt sind. Die Panoramafreiheit umfasse nur diejenigen Perspektiven, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen - nicht den Luftraum. Die Entscheidung ist im Veröffentlichungszeitpunkt nicht rechtskräftig.
Zur Sache:
Die klagende Verwertungsgesellschaft nimmt den beklagten Verlag auf Unterlassung, Schadensersatz und Abmahnkosten in Anspruch. In zwei von der Beklagten veröffentlichten Büchern werden Kunstwerke auf Bergehalden im Ruhrgebiet vorgestellt. Dabei hat die Beklagte auch Fotografien der im Streit stehenden Kunstwerke "Sonnenuhr mit Geokreuz", "Spurwerkturm", "Nachtzeichen“, "Himmelstreppe", "Tetraeder" und "Landmarke Geleucht" verwendet, die mit einer Drohne aufgenommen wurden. Eine Lizenz von der Klägerin hat die Beklagte vor der Veröffentlichung dieser Bilder nicht erworben. Vielmehr vertritt die Beklagte die Auffassung, die Verwendung der Fotografien sei von der Panoramafreiheit des Urheberrechtsgesetzes gedeckt.
Das Landgericht Bochum hat der Klage insgesamt stattgegeben. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte ihr Ziel auf Klageabweisung vor dem Oberlandesgericht Hamm weiterverfolgt.
Entscheidung des Oberlandesgerichts: Panoramafreiheit schließt nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen - nicht den Luftraum
Abgesehen von einer geringfügigen Reduzierung des Schadensersatzes hat das Oberlandesgericht Hamm das Urteil des Landgerichts bestätigt und die Berufung zurückgewiesen. Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelte Panoramafreiheit gestatte zwar auch die gewerbliche Nutzung von hierunter fallenden Fotografien. Im Rahmen der Panoramafreiheit sei es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, unter anderem mit Mitteln der Fotografie zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Auch befänden sich die hier in Rede stehenden Kunstwerke an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, da die Bergehalden, auf denen die Kunstwerke errichtet wurden, entweder selbst öffentlich zugänglich seien oder jedenfalls von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden könnten. Die Einschränkung des Urheberrechts durch die Panoramafreiheit, die eine unentgeltliche Nutzung gestatte, schließe jedoch nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Hierzu gehöre nicht der Luftraum. Der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erlangung einer anderen Perspektive sei nicht mehr von der Panoramafreiheit gedeckt. Dies habe der Bundesgerichtshof bereits für den Einsatz einer Leiter entschieden. Für den Einsatz einer Drohne könne nichts anderes gelten.
Die Beklagte müsse nach der Entscheidung des Gerichts nunmehr die Wiedergabe der angegriffenen Drohnenbilder und deren Verbreitung unterlassen und der Klägerin Schadensersatz in Form einer Lizenzgebühr über EUR 1.824,00 sowie gut EUR 2.000,00 Abmahnkosten, jeweils zuzüglich Zinsen, zahlen.
Revision zugelassen - und eingelegt
Da noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bewertung von Drohnenaufnahmen im Rahmen der Panoramafreiheit vorliegt, hat der Senat die Revision der Beklagten zugelassen. Die Beklagte hat Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt, so dass das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm nicht rechtskräftig ist.
(tg) - Quelle: PM des OLG Hamm vom 24.05.2023
Zur Sache:
Die klagende Verwertungsgesellschaft nimmt den beklagten Verlag auf Unterlassung, Schadensersatz und Abmahnkosten in Anspruch. In zwei von der Beklagten veröffentlichten Büchern werden Kunstwerke auf Bergehalden im Ruhrgebiet vorgestellt. Dabei hat die Beklagte auch Fotografien der im Streit stehenden Kunstwerke "Sonnenuhr mit Geokreuz", "Spurwerkturm", "Nachtzeichen“, "Himmelstreppe", "Tetraeder" und "Landmarke Geleucht" verwendet, die mit einer Drohne aufgenommen wurden. Eine Lizenz von der Klägerin hat die Beklagte vor der Veröffentlichung dieser Bilder nicht erworben. Vielmehr vertritt die Beklagte die Auffassung, die Verwendung der Fotografien sei von der Panoramafreiheit des Urheberrechtsgesetzes gedeckt.
Das Landgericht Bochum hat der Klage insgesamt stattgegeben. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte ihr Ziel auf Klageabweisung vor dem Oberlandesgericht Hamm weiterverfolgt.
Entscheidung des Oberlandesgerichts: Panoramafreiheit schließt nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen - nicht den Luftraum
Abgesehen von einer geringfügigen Reduzierung des Schadensersatzes hat das Oberlandesgericht Hamm das Urteil des Landgerichts bestätigt und die Berufung zurückgewiesen. Die in § 59 Abs. 1 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) geregelte Panoramafreiheit gestatte zwar auch die gewerbliche Nutzung von hierunter fallenden Fotografien. Im Rahmen der Panoramafreiheit sei es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, unter anderem mit Mitteln der Fotografie zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Auch befänden sich die hier in Rede stehenden Kunstwerke an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, da die Bergehalden, auf denen die Kunstwerke errichtet wurden, entweder selbst öffentlich zugänglich seien oder jedenfalls von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus wahrgenommen werden könnten. Die Einschränkung des Urheberrechts durch die Panoramafreiheit, die eine unentgeltliche Nutzung gestatte, schließe jedoch nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Hierzu gehöre nicht der Luftraum. Der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erlangung einer anderen Perspektive sei nicht mehr von der Panoramafreiheit gedeckt. Dies habe der Bundesgerichtshof bereits für den Einsatz einer Leiter entschieden. Für den Einsatz einer Drohne könne nichts anderes gelten.
Die Beklagte müsse nach der Entscheidung des Gerichts nunmehr die Wiedergabe der angegriffenen Drohnenbilder und deren Verbreitung unterlassen und der Klägerin Schadensersatz in Form einer Lizenzgebühr über EUR 1.824,00 sowie gut EUR 2.000,00 Abmahnkosten, jeweils zuzüglich Zinsen, zahlen.
Revision zugelassen - und eingelegt
Da noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zur Bewertung von Drohnenaufnahmen im Rahmen der Panoramafreiheit vorliegt, hat der Senat die Revision der Beklagten zugelassen. Die Beklagte hat Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt, so dass das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm nicht rechtskräftig ist.
(tg) - Quelle: PM des OLG Hamm vom 24.05.2023
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 26.05.2023
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3283
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