Kurz notiert // Berufsrecht
Bundesgerichtshof
Besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) – Kein Anspruch auf Verwendung einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
BGH, Urteil vom 22.03.2021 – AnwZ (Brfg) 2/20; Vorinstanz: AGH Berlin, 14.11.2019 – I AGH 6/18
MIR 2021, Dok. 025
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Der Bundesgerichtshof (Senat für Anwaltssachen) hat mit Urteil vom 22.03.2021 (AnwZ (Brfg) 2/20) entschieden, dass ein Anspruch von Rechtsanwälten auf Verwendung einer bestimmten Verschlüsselungstechnik (hier: Ende-zu-Ende-Verschlüsselung) bei der Übermittlung von Nachrichten mittels des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) nicht besteht.
Zur Sache
Die Kläger sind zugelassene Rechtsanwälte. Die beklagte Bundesrechtsanwaltskammer richtete auf Grundlage von § 31a Abs. 1 BRAO für sie ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach ein. Nach § 31a Abs. 6 BRAO sind die Kläger verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über dieses Postfach zur Kenntnis zu nehmen.
Die Kläger wenden sich gegen die technische Ausgestaltung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs durch die Beklagte, weil dieses nicht über eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verfüge, bei der sich die privaten Schlüssel ausschließlich in der Verfügungsgewalt der Postfachinhaber befänden. Sie verlangen mit ihrer Klage, dass die Bundesrechtsanwaltskammer das besondere elektronische Anwaltspostfach für sie mit einer derartigen Verschlüsselung betreibt und das derzeitige Verschlüsselungssystem nicht weiter verwendet.
Die Klage hat in der Vorinstanz keinen Erfolg gehabt.
Nach Auffassung des Anwaltsgerichtshofs Berlin besteht kein Anspruch darauf, dass das besondere elektronische Anwaltspostfach ausschließlich mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in dem von den Klägern geforderten Sinne betrieben wird. Ein derartiger Anspruch ergebe sich weder aus den einfachen Gesetzen noch aus der Verfassung. Die gewählte Architektur des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs sei sicher im Rechtssinne.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen.
Den Klägern stehe kein Anspruch darauf zu, dass bei der Übermittlung von Nachrichten mit Hilfe des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs das derzeit verwendete Verschlüsselungsverfahren durch das von ihnen bevorzugte Verschlüsselungssystem ersetzt wird.
Daten durchgehend verschlüsselt
Die über das besondere elektronische Anwaltspostfach übermittelten Nachrichten seien während der Übertragung durchgehend mit demselben - seinerseits verschlüsselten - Nachrichtenschlüssel verschlüsselt und liegen grundsätzlich nur bei dem Absender und dem berechtigten Empfänger unverschlüsselt vor. Die Voraussetzungen einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Sinne der europäischen Patentschrift EP 0 877 507 B1 erfülle das Verschlüsselungssystem indes deshalb nicht, weil die die Nachricht verschlüsselnden Nachrichtenschlüssel nicht direkt an den Empfänger übermittelt und nur dort entschlüsselt werden. Sie werden vielmehr in einem sogenannten Hardware Security Module auf die Schlüssel der berechtigten Leser der Nachricht umgeschlüsselt.
BRAK steht bei der technischen Umsetzung gewisser Spielraum zu, sofern sichere Kommunikation gewährleistet ist
Den Klägern stehe jedoch kein Anspruch darauf zu, dass die von der Beklagten gewählte Verschlüsselungstechnik unterlassen und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Sinne der europäischen Patentschrift verwendet wird. Die einfachgesetzlichen Vorgaben, insbesondere § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 RAVPV, ließen nicht ausschließlich eine Übermittlung mittels der von den Klägern geforderten Verschlüsselungstechnik zu. Vielmehr stehe der Bundesrechtsanwaltskammer hinsichtlich der technischen Umsetzung ein gewisser Spielraum zu, sofern eine im Rechtssinne sichere Kommunikation gewährleistet ist. Ein Anspruch der Kläger auf die von ihnen geforderte Verschlüsselungstechnik könne deshalb nur bestehen, wenn eine derartige Sicherheit allein durch das von ihnen geforderte Verschlüsselungssystem bewirkt werden könne. Dies habe das Verfahren jedoch nicht ergeben. Vielmehr sei davon auszugehen, dass auch die gewählte Methode grundsätzlich eine hinreichende Sicherheit der Kommunikation gewährleisten kann. Nicht behebbare Sicherheitsrisiken habe das Verfahren nicht aufgezeigt. Etwaige behebbare Sicherheitsrisiken stünden dabei der grundsätzlichen Eignung des gewählten Verschlüsselungsverfahrens nicht entgegen und begründeten keinen Anspruch der Kläger auf Verwendung der von ihnen bevorzugten Verschlüsselungsmethode.
Andere Verschlüsselungstechnik auch verfassungsrechtlich nicht geboten
Die Verwendung der von den Klägern geforderten Verschlüsselungstechnik sei auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Es verstoße nicht gegen die Grundrechte der Kläger, insbesondere nicht gegen die Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, dass die Beklagte bei dem Betrieb des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs nicht eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in dem von den Klägern geforderten Sinne verwendet. Die Wahl der Verschlüsselungsmethode beeinträchtige weder die Vertraulichkeit der Kommunikation noch das anwaltliche Vertrauensverhältnis zum Mandanten, wenn die gewählte Methode als sicher im Rechtssinne anzusehen ist. Ein auf die Verfassung gestützter Anspruch der Kläger auf Verwendung der von ihnen geforderten Verschlüsselungsmethode scheide somit ebenfalls deshalb aus, weil das Verfahren nicht ergeben habe, dass diese Sicherheit nur hierdurch gewährleistet werden könnte.
(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 064/2021 vom 22.03.2021
Zur Sache
Die Kläger sind zugelassene Rechtsanwälte. Die beklagte Bundesrechtsanwaltskammer richtete auf Grundlage von § 31a Abs. 1 BRAO für sie ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach ein. Nach § 31a Abs. 6 BRAO sind die Kläger verpflichtet, die für dessen Nutzung erforderlichen technischen Einrichtungen vorzuhalten sowie Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über dieses Postfach zur Kenntnis zu nehmen.
Die Kläger wenden sich gegen die technische Ausgestaltung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs durch die Beklagte, weil dieses nicht über eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verfüge, bei der sich die privaten Schlüssel ausschließlich in der Verfügungsgewalt der Postfachinhaber befänden. Sie verlangen mit ihrer Klage, dass die Bundesrechtsanwaltskammer das besondere elektronische Anwaltspostfach für sie mit einer derartigen Verschlüsselung betreibt und das derzeitige Verschlüsselungssystem nicht weiter verwendet.
Die Klage hat in der Vorinstanz keinen Erfolg gehabt.
Nach Auffassung des Anwaltsgerichtshofs Berlin besteht kein Anspruch darauf, dass das besondere elektronische Anwaltspostfach ausschließlich mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in dem von den Klägern geforderten Sinne betrieben wird. Ein derartiger Anspruch ergebe sich weder aus den einfachen Gesetzen noch aus der Verfassung. Die gewählte Architektur des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs sei sicher im Rechtssinne.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen.
Den Klägern stehe kein Anspruch darauf zu, dass bei der Übermittlung von Nachrichten mit Hilfe des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs das derzeit verwendete Verschlüsselungsverfahren durch das von ihnen bevorzugte Verschlüsselungssystem ersetzt wird.
Daten durchgehend verschlüsselt
Die über das besondere elektronische Anwaltspostfach übermittelten Nachrichten seien während der Übertragung durchgehend mit demselben - seinerseits verschlüsselten - Nachrichtenschlüssel verschlüsselt und liegen grundsätzlich nur bei dem Absender und dem berechtigten Empfänger unverschlüsselt vor. Die Voraussetzungen einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Sinne der europäischen Patentschrift EP 0 877 507 B1 erfülle das Verschlüsselungssystem indes deshalb nicht, weil die die Nachricht verschlüsselnden Nachrichtenschlüssel nicht direkt an den Empfänger übermittelt und nur dort entschlüsselt werden. Sie werden vielmehr in einem sogenannten Hardware Security Module auf die Schlüssel der berechtigten Leser der Nachricht umgeschlüsselt.
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(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 064/2021 vom 22.03.2021
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 22.03.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3066
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