Rechtsprechung // Verfahrensrecht
BGH, Urteil vom 21.02.2019 - III ZR 115/18
Zustellung einer Beschlussverfügung - Für die Zustellung einer im Beschlusswege erwirkten einstweiligen Verfügung genügt die Übermittlung einer vom Gericht beglaubigten Abschrift des Eilrechtstitels
BGB § 839; ZPO §§ 169 Abs. 2 Satz 1, 189, 329 Abs. 1 Satz 2, 317, 922 Abs. 2, 929 Abs. 2, 936
Leitsätze:*1. Seit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 317 ZPO durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) am 1. Juli 2014 werden Urteile den Parteien von Amts wegen grundsätzlich in Abschrift zugestellt, die nach § 169 Abs. 2 Satz 1 ZPO von der Geschäftsstelle des Gerichts zu beglaubigen ist. Ausfertigungen eines Urteils werden nach § 317 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur noch auf Antrag einer Partei erteilt. Damit ist die Übersendung einer beglaubigten Abschrift zur Regelform der Urteilszustellung geworden und für den Beginn der Rechtsmittelfristen ausreichend (BGH, Beschluss vom 27.01.2016 - XII ZB 684/14, BGH, Beschluss vom 15.02.2018 - V ZR 76/17). Dementsprechend bedarf auch die Amtszustellung einer im Urteilswege erlassenen einstweiligen Verfügung lediglich der Übermittlung einer vom Gericht beglaubigten Urteilsabschrift. Nichts anderes gilt - seit dem 1. Juli 2014 - für die Zustellung einer Beschlussverfügung
2.
a) Für die Zustellung einer im Beschlusswege erwirkten einstweiligen Verfügung genügt seit dem 1. Juli 2014 die Übermittlung einer vom Gericht beglaubigten Abschrift des Eilrechtstitels.
b) Ein Zustellungsbeamter, der entgegen den Vorschriften der Zivilprozessordnung eine Zustellung falsch bewirkt, verletzt eine Amtspflicht, die ihm sowohl dem Absender als auch dem Empfänger gegenüber obliegt. Die Heilung des Zustellungsmangels nach § 189 ZPO wirkt sich nicht auf das Vorliegen einer Amtspflichtverletzung aus, sondern ist allein für den Eintritt und Umfang eines ersatzfähigen Schadens von Bedeutung (Anschluss an und Fortführung von Senat, Urteil vom 6. Dezember 1984 - III ZR 141/83, VersR 1985, 358).
Die Frage, ob der Mangel der unterbliebenen Zustellung der vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beglaubigten Abschrift einer Beschlussverfügung durch die vom Gerichtsvollzieher veranlasste Übermittlung einer von ihm selbst beglaubigten (mit der Originalurkunde übereinstimmenden) einfachen Abschrift des Eilrechtstitels geheilt werden kann (§ 189 ZPO) hat der Bundesgerichtshof thematisiert, dies als naheliegend bezeichnet (und zur Begründung ausgeführt), aber im Ergebnis offengelassen, da hier eine Amtspflichtwidrigkeit der Zustellung hinzukam.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.02.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2949
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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