Rechtsprechung // Urheberrecht
EuGH, Urteil vom 18.10.2018 - C-149/17
Zur sekundären Darlegungslast und Haftung des Internetanschlussinhabers für Urheberrechtsverletzung im Wege des Filesharing über Familienanschluss
Richtlinie 2001/29/EG Art. 8 Abs. 1 und Abs. 2; Richtlinie 2004/48/EG Art. 3 Abs. 2; Charta der Grundrechte der Europäischen Union Art. 7, Art. 17, Art. 52 Abs. 1; UrhG § 97
Leitsätze:*1. Bewirkt eine nationale Regelung in der Auslegung durch die zuständigen nationalen Gerichte, dass das mit einer (urheberrechtlichen) Haftungsklage befasste nationale Gericht daran gehindert wird, auf Antrag des Klägers die Vorlage und Erlangung von Beweismitteln, die Familienmitglieder der gegnerischen Partei betreffen, zu verlangen, werden die Feststellung der behaupteten Urheberrechtsverletzung und die Identifizierung ihres Täters unmöglich gemacht, was zur Folge hat, dass es zu einer qualifizierten Beeinträchtigung der dem Inhaber des Urheberrechts zustehenden Grundrechte auf einen wirksamen Rechtsbehelf und des geistigen Eigentums kommt und infolgedessen dem Erfordernis, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den gegenüberstehenden Grundrechten (der Rechteinhaber einerseits und des Internetanschlussinhabers bzw. der Familie andererseits) zu gewährleisten, nicht genügt wird (vgl. EuGH, Urteil vom 16.07.2015 - C‑580/13 - Coty Germany).
2. Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in Verbindung mit ihrem Art. 3 Abs. 1 einerseits und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums andererseits sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Rechtsvorschrift wie der im Ausgangsverfahren streitigen in der Auslegung durch das zuständige nationale Gericht entgegenstehen, wonach der Inhaber eines Internetanschlusses, über den Urheberrechtsverletzungen durch Filesharing begangen wurden, nicht haftbar gemacht werden kann, wenn er mindestens ein Familienmitglied benennt, dem der Zugriff auf diesen Anschluss möglich war, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Nutzung des Anschlusses durch dieses Familienmitglied mitzuteilen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 18.10.2018
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2891
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 20.10.2021 - I ZR 96/20, MIR 2021, Dok. 090
Verfügbare Telefonnummer - Die Nichtangabe einer (verfügbaren) Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung ist geeignet die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen
BGH, Urteil vom 24.09.2020 - I ZR 169/17, MIR 2020, Dok. 090
Werbeanzeige im Internet - Ein Vertrag über die Platzierung einer elektronischen Werbeanzeige unter einer Domain ist rechtlich als Werkvertrag zu qualifizieren
BGH, Urteil vom 22.03.2018 - VII ZR 71/17 , MIR 2018, Dok. 020
Clickbaiting - Zur unzulässigen Nutzung eines Prominentenbildes als "Klickköder" für einen redaktionellen Beitrag ohne Bezug zum Abgebildeten
Bundesgerichtshof, MIR 2021, Dok. 007
Steuerberater-LLP - Unzulässige und irreführende Werbung einer LLP mit Hauptsitz in London und Zweigniederlassung in Deutschland für die geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen
BGH, Urteil vom 10.12.2020 - I ZR 26/20, MIR 2021, Dok. 029