Rechtsprechung // Zivilrecht
BGH, Urteil vom 10.07.2018 - VI ZR 225/17
Kundenzufriedenheitsbefragung - E-Mail-Werbung ohne Einwilligung des Empfängers stellt grundsätzlich einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar.
BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 analog; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, EMRK Art. 8 Abs. 1
Leitsätze:*1. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt jede Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers eine unzumutbare Belästigung dar. Diese Wertung ist auch im Rahmen von §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen und gilt regelmäßig auch für Kundenzufriedenheitsbefragungen.
2. Nach Art. 13 Abs. 1 Richtlinie 2002/58/EG ist die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung nur bei vorheriger Einwilligung der Teilnehmer oder Nutzer zulässig. Ungeachtet von Art. 13 Abs. 1 Richtlinie 2002/58/EG kann eine natürliche oder juristische Person, wenn sie von ihren Kunden im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung gemäß der Richtlinie 95/46/EG deren elektronische Kontaktinformationen für elektronische Post erhalten hat, diese zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen nur verwenden, sofern die Kunden klar und deutlich die Möglichkeit erhalten, eine solche Nutzung ihrer elektronischen Kontaktinformationen bei deren Erhebung und bei jeder Übertragung gebührenfrei und problemlos abzulehnen, wenn der Kunde diese Nutzung nicht von vornherein abgelehnt hat (Art. 13 Abs. 2 Richtlinie 2002/58/EG).
3.
a) Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung ohne Einwilligung des Empfängers stellt grundsätzlich einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar.
b) Eine Kundenzufriedenheitsbefragung in einer E-Mail fällt auch dann unter den Begriff der (Direkt-) Werbung, wenn mit der E-Mail die Übersendung einer Rechnung für ein zuvor gekauftes Produkt erfolgt.
c) Dem Verwender einer E-Mail-Adresse zu Werbezwecken nach Abschluss einer Verkaufstransaktion ist es zumutbar, bevor er auf diese Art mit Werbung in die Privatsphäre des Empfängers eindringt, diesem - wie es die Vorschrift des § 7 Abs. 3 UWG verlangt - die Möglichkeit zu geben, der Verwendung seiner E-Mail-Adresse zum Zwecke der Werbung zu widersprechen. Ansonsten ist der Eingriff grundsätzlich rechtswidrig.
Der erkennende Senat ließ in seinem Urteil vom 15.12.2015 (VI ZR 134/15 - Autoreply-E-Mails, MIR 2016, Dok. 007) noch dahinstehen, ob der Regelung des Art. 13 der Richtlinie 2002/58/EG aufgrund des Gebots zur richtlinienkonformen Auslegung (vgl. BGH, Urteil vom 26.11.2008 - VIII ZR 200/05; BGH, Urteil vom 07.05.2014 - IV ZR 76/11) dadurch Geltung zu verschaffen ist, dass sich ein Verstoß gegen diese Regelung grundsätzlich als Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Diese Frage hat das Gericht nunmehr (u.a. mit Verweis auf Gramespacher, WRP 2016, 495, 496) bejaht.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 17.09.2018
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2885
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