Kurz notiert // Wettbewerbsrecht
Bundesgerichtshof
Notwendige Angaben über den Energieverbrauch in Immobilienanzeigen für Wohnimmobilien
BGH, Urteil vom 05.10.2017 - I ZR 229/16; Vorinstanzen: LG Bielefeld,06.10.2015 - 12 O 60/15; OLG Hamm, 04.08.2016 - I-4 U 137/15
BGH, Urteil vom 05.10.2017 - I ZR 232/16; Vorinstanzen: LG Münster, 25.11.2015 - 021 O 87/15; OLG Hamm, 30.08.2016 - I-4 U 8/16
BGH, Urteil vom 05.10.2017 - I ZR 4/17; Vorinstanzen: LG München II, 03.12.2015 - 2 HK O 3089/15; OLG München, 08.12.2016 - 6 U 4725/15
MIR 2017, Dok. 038, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshofs hatte sich mit Urteilen vom 05.10.2017 (I ZR 229/16; I ZR 232/16; I ZR 4/17) mit der Frage zu befassen, welche Informationspflichten dem Immobilienmakler bei einer Immobilienanzeige zum Energieverbrauch obliegen. Fehlen in derartigen Anzeigen Angaben über die Art des Energieausweises, wesentliche Energieträger, das Baujahr des Wohngebäudes, die Energieeffizienzklasse und den Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs, könne eine Irreführung der Verbraucher durch das Vorenthalten von nach § 5a Abs. 2 UWG wesentlichen Informationen gegeben sein, so der Bundesgerichtshof.
Zur Sache:
In den drei Verfahren wendet sich die Deutsche Umwelthilfe e. V. gegen Zeitungsanzeigen von Immobilienmaklern, die sie wegen Fehlens von Angaben, die im Energieausweis enthalten sind, für unzulässig hält.
Die beklagten Immobilienmakler boten in Tageszeitungen Wohnimmobilien zur Miete oder zum Kauf an. In den Anzeigen fehlten Angaben zur Art des Energieausweises, zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Wohngebäudes, zum Baujahr des Wohngebäudes oder zur Energieeffizienzklasse.
Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen § 16a der Energieeinsparverordnung (EnEV). Sie hat von den Beklagten verlangt, es zu unterlassen, Anzeigen für die Vermietung oder den Verkauf von Immobilien, für die ein Energieausweis vorliegt, ohne die in § 16a EnEV vorgesehenen Pflichtangaben zu veröffentlichen.
Das Landgericht Münster hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt; die Landgerichte Bielefeld und München II haben die Klage abgewiesen. In zweiter Instanz waren alle Klagen erfolgreich.
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen der beklagten Immobilienmakler in zwei der drei Verfahren zurückgewiesen. In dem dritten Verfahren hat er die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil eine Beweisaufnahme dazu erforderlich ist, ob bei Schaltung der Anzeige ein Energieausweis vorlag.
Kein Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen § 16a EnEV
Der Klägerin stehe allerdings kein Unterlassungsanspruch nach § 3a UWG wegen eines Verstoßes gegen § 16a EnEV zu. Die Vorschrift verpflichte Verkäufer und Vermieter vor dem Verkauf und der Vermietung einer Immobilie in einer Immobilienanzeige in kommerziellen Medien zu Angaben über den Energieverbrauch, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vorliegt. Der Immobilienmakler sei nicht Adressat dieser Informationspflicht. Ein anderes Verständnis ergebe sich weder aus den Gesetzesmaterialen noch bei gebotener richtlinienkonformer Auslegung. Zwar sehe Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizenz von Gebäuden Informationspflichten vor, die auch den Immobilienmakler nicht ausnehmen. Eine entsprechende Verpflichtung könne durch § 16a EnEV entgegen dem klaren Wortlaut der Vorschrift aber nicht durch eine richtlinienkonforme Auslegung begründet werden.
Aber: Irreführung wegen Vorenthalten wesentlicher Informationen
Die Klägerin könne die Beklagten jedoch unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung der Verbraucher durch Vorenthalten wesentlicher Informationen nach § 5a Abs. 2 UWG mit Erfolg in Anspruch nehmen. Gemäß § 5a Abs. 4 UWG gelte als wesentlich Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Aus Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU folge die Verpflichtung des Immobilienmaklers, notwendige Angaben zum Energieverbrauch in der Anzeige aufzunehmen. Zu den wesentlichen Informationen, die angeführt werden müssen, rechne die Art des Energieausweises, der wesentliche Energieträger, das Baujahr des Wohngebäudes, die Energieeffizienzklasse und der Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs, so das Gericht.
(tg) - PM Nr. 156/2017 des BGH vom 05.10.2017
Zur Sache:
In den drei Verfahren wendet sich die Deutsche Umwelthilfe e. V. gegen Zeitungsanzeigen von Immobilienmaklern, die sie wegen Fehlens von Angaben, die im Energieausweis enthalten sind, für unzulässig hält.
Die beklagten Immobilienmakler boten in Tageszeitungen Wohnimmobilien zur Miete oder zum Kauf an. In den Anzeigen fehlten Angaben zur Art des Energieausweises, zum wesentlichen Energieträger für die Heizung des Wohngebäudes, zum Baujahr des Wohngebäudes oder zur Energieeffizienzklasse.
Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen § 16a der Energieeinsparverordnung (EnEV). Sie hat von den Beklagten verlangt, es zu unterlassen, Anzeigen für die Vermietung oder den Verkauf von Immobilien, für die ein Energieausweis vorliegt, ohne die in § 16a EnEV vorgesehenen Pflichtangaben zu veröffentlichen.
Das Landgericht Münster hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt; die Landgerichte Bielefeld und München II haben die Klage abgewiesen. In zweiter Instanz waren alle Klagen erfolgreich.
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen der beklagten Immobilienmakler in zwei der drei Verfahren zurückgewiesen. In dem dritten Verfahren hat er die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, weil eine Beweisaufnahme dazu erforderlich ist, ob bei Schaltung der Anzeige ein Energieausweis vorlag.
Kein Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen § 16a EnEV
Der Klägerin stehe allerdings kein Unterlassungsanspruch nach § 3a UWG wegen eines Verstoßes gegen § 16a EnEV zu. Die Vorschrift verpflichte Verkäufer und Vermieter vor dem Verkauf und der Vermietung einer Immobilie in einer Immobilienanzeige in kommerziellen Medien zu Angaben über den Energieverbrauch, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Energieausweis vorliegt. Der Immobilienmakler sei nicht Adressat dieser Informationspflicht. Ein anderes Verständnis ergebe sich weder aus den Gesetzesmaterialen noch bei gebotener richtlinienkonformer Auslegung. Zwar sehe Art. 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizenz von Gebäuden Informationspflichten vor, die auch den Immobilienmakler nicht ausnehmen. Eine entsprechende Verpflichtung könne durch § 16a EnEV entgegen dem klaren Wortlaut der Vorschrift aber nicht durch eine richtlinienkonforme Auslegung begründet werden.
Aber: Irreführung wegen Vorenthalten wesentlicher Informationen
Die Klägerin könne die Beklagten jedoch unter dem Gesichtspunkt einer Irreführung der Verbraucher durch Vorenthalten wesentlicher Informationen nach § 5a Abs. 2 UWG mit Erfolg in Anspruch nehmen. Gemäß § 5a Abs. 4 UWG gelte als wesentlich Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen. Aus Art. 12 der Richtlinie 2010/31/EU folge die Verpflichtung des Immobilienmaklers, notwendige Angaben zum Energieverbrauch in der Anzeige aufzunehmen. Zu den wesentlichen Informationen, die angeführt werden müssen, rechne die Art des Energieausweises, der wesentliche Energieträger, das Baujahr des Wohngebäudes, die Energieeffizienzklasse und der Wert des Endenergiebedarfs oder Endenergieverbrauchs, so das Gericht.
(tg) - PM Nr. 156/2017 des BGH vom 05.10.2017
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 06.10.2017
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2833
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