Kurz notiert // Wettbewerbsrecht
Bundesgerichtshof
Wesentliche Informationen beim Bestattungspreisvergleich - Preisvergleichsportal muss über Provisionsvereinbarungen aufklären
BGH, Urteil vom 27.04.2017 - I ZR 55/16 – Bestattungspreisvergleich; Vorinstanzen: LG Berlin, 02.09.September 2014 - 91 O 19/14; Kammergericht, 16.02.2016 - 5 U 129/14
MIR 2017, Dok. 020, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 27.04.2017 (I ZR 55/16 – Bestattungspreisvergleich) zur der Frage entschieden, welche Informationspflichten dem Betreiber eines im Internet angebotenen Preisvergleichsportals obliegen. Der Verbraucher müsse insoweit darüber informiert werden, wenn in dem jeweiligen Vergleich nur Anbieter berücksichtigt werden, mit denen es eine Provisionsvereinbarung gibt, so der Bundesgerichtshof. Dabei handele sich um eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG.
Zur Sache
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung die Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder verfolgt. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, betreibt im Internet ein Preisvergleichsportal für Bestattungsleistungen.
Auf dem Vergleichsportal der Beklagten zu 1 wird ein Interessent zunächst aufgefordert, die gewünschten Leistungen einzugeben. Danach werden verbindliche Angebote verschiedener Bestatter angezeigt, aus denen der Interessent drei Angebote auswählen kann. Die Beklagte zu 1 berücksichtigt bei ihrem Preisvergleich nur Anbieter, die mit ihr für den Fall eines Vertragsabschlusses eine Provision von 15% oder 17,5% des Angebotspreises vereinbaren. Die Nutzer des Portals werden auf die Provisionsvereinbarung nicht hingewiesen. Sie lässt sich lediglich einem Hinweis im Geschäftskundenbereich der Internetseite entnehmen.
Der Kläger hält den fehlenden Hinweis auf die Provisionspflicht der im Preisvergleich berücksichtigten Anbieter für einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG. Er hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, Bestattungsleistungen im Internet anzubieten, ohne den Nutzer darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zu 1 im Falle eines Vertragsschlusses zwischen dem Nutzer und dem über den Preisvergleich vermittelten Bestattungsunternehmen eine Provisionszahlung des Bestattungsunternehmens erhält.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Preisvergleichsportale müssen über Provisionsvereinbarungen informieren - Verbraucher erwartet einen Vergleich, der weitgehend das im Internet verfügbare Marktumfeld umfasst
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Klägerin das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.
Die Information darüber, dass in einem Preisvergleichsportal nur Anbieter berücksichtigt werden, die sich für den Fall des Vertragsschlusses mit dem Nutzer zur Zahlung einer Provision an den Portalbetreiber verpflichtet haben, sei eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Eine Information sei wesentlich, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt. Der Verbraucher nutze Preisvergleichsportale, um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das Produkt fordert. Dabei gehe der Verbraucher, sofern keine entsprechenden Hinweise erfolgen, nicht davon aus, dass in den Vergleich nur solche Anbieter einbezogen werden, die dem Betreiber des Portals im Falle des Vertragsabschlusses mit dem Nutzer eine Provision zahlen. Diese Information sei für den Verbraucher von erheblichem Interesse, weil sie nicht seiner Erwartung entspricht, der Preisvergleich umfasse weitgehend das im Internet verfügbare Marktumfeld und nicht nur eine gegenüber dem Betreiber provisionspflichtige Auswahl von Anbietern. Maßgebliche Interessen des Betreibers stehen der Information darüber, dass die gelisteten Anbieter dem Grund nach provisionspflichtig sind, nicht entgegen. Die Information müsse so erteilt werden, dass der Verbraucher sie zur Kenntnis nehmen kann. Ein Hinweis auf der Geschäftskundenseite des Internetportals reiche hierfür nicht aus.
(tg) - Quelle: PM Nr. 057/2017 des BGH vom 27.04.2017
Zur Sache
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung die Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder verfolgt. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, betreibt im Internet ein Preisvergleichsportal für Bestattungsleistungen.
Auf dem Vergleichsportal der Beklagten zu 1 wird ein Interessent zunächst aufgefordert, die gewünschten Leistungen einzugeben. Danach werden verbindliche Angebote verschiedener Bestatter angezeigt, aus denen der Interessent drei Angebote auswählen kann. Die Beklagte zu 1 berücksichtigt bei ihrem Preisvergleich nur Anbieter, die mit ihr für den Fall eines Vertragsabschlusses eine Provision von 15% oder 17,5% des Angebotspreises vereinbaren. Die Nutzer des Portals werden auf die Provisionsvereinbarung nicht hingewiesen. Sie lässt sich lediglich einem Hinweis im Geschäftskundenbereich der Internetseite entnehmen.
Der Kläger hält den fehlenden Hinweis auf die Provisionspflicht der im Preisvergleich berücksichtigten Anbieter für einen Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG. Er hat beantragt, der Beklagten zu verbieten, Bestattungsleistungen im Internet anzubieten, ohne den Nutzer darauf hinzuweisen, dass die Beklagte zu 1 im Falle eines Vertragsschlusses zwischen dem Nutzer und dem über den Preisvergleich vermittelten Bestattungsunternehmen eine Provisionszahlung des Bestattungsunternehmens erhält.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Preisvergleichsportale müssen über Provisionsvereinbarungen informieren - Verbraucher erwartet einen Vergleich, der weitgehend das im Internet verfügbare Marktumfeld umfasst
Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Klägerin das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.
Die Information darüber, dass in einem Preisvergleichsportal nur Anbieter berücksichtigt werden, die sich für den Fall des Vertragsschlusses mit dem Nutzer zur Zahlung einer Provision an den Portalbetreiber verpflichtet haben, sei eine wesentliche Information im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG. Eine Information sei wesentlich, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht zukommt. Der Verbraucher nutze Preisvergleichsportale, um einen schnellen Überblick darüber zu erhalten, welche Anbieter es für ein bestimmtes Produkt gibt und welchen Preis der jeweilige Anbieter für das Produkt fordert. Dabei gehe der Verbraucher, sofern keine entsprechenden Hinweise erfolgen, nicht davon aus, dass in den Vergleich nur solche Anbieter einbezogen werden, die dem Betreiber des Portals im Falle des Vertragsabschlusses mit dem Nutzer eine Provision zahlen. Diese Information sei für den Verbraucher von erheblichem Interesse, weil sie nicht seiner Erwartung entspricht, der Preisvergleich umfasse weitgehend das im Internet verfügbare Marktumfeld und nicht nur eine gegenüber dem Betreiber provisionspflichtige Auswahl von Anbietern. Maßgebliche Interessen des Betreibers stehen der Information darüber, dass die gelisteten Anbieter dem Grund nach provisionspflichtig sind, nicht entgegen. Die Information müsse so erteilt werden, dass der Verbraucher sie zur Kenntnis nehmen kann. Ein Hinweis auf der Geschäftskundenseite des Internetportals reiche hierfür nicht aus.
(tg) - Quelle: PM Nr. 057/2017 des BGH vom 27.04.2017
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 27.04.2017
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2814
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Online seit: 27.04.2017
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2814
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Was Sie noch interessieren könnte...
Netzneutralität verletzt - Vorläufiges Aus für "StreamOn" bestätigt
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, MIR 2019, Dok. 023
Ferrari 458 Speciale - Pflicht zur Information über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen eines beworbenen Pkw-Modells besteht unabhängig von dessen Verfügbarkeit
BGH, Urteil vom 01.04.2021 - I ZR 115/20, MIR 2021, Dok. 044
Vertragsdokumentengenerator - Zur Frage, ob und wann die Erstellung eines Vertragsentwurfs mithilfe eines digitalen Rechtsdokumentengenerators eine Rechtsdienstleistung in einer konkreten Angelegenheit ist (smartlaw)
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 113/20, MIR 2021, Dok. 077
Influencer II - § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV sind bereichsspezifische, spezielle Marktverhaltensregelungen für Telemedien, deren Tatbestandsmerkmal der Gegenleistung nicht für Eigenwerbung gilt
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 125/20 , MIR 2021, Dok. 073
Per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS - Eine in AGB enthaltene Einwilligung des Verbrauchers in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken kann sich auf mehrere Werbekanäle beziehen
BGH, Urteil vom 01.02.2018 - III ZR 196/17, MIR 2018, Dok. 016
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, MIR 2019, Dok. 023
Ferrari 458 Speciale - Pflicht zur Information über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen eines beworbenen Pkw-Modells besteht unabhängig von dessen Verfügbarkeit
BGH, Urteil vom 01.04.2021 - I ZR 115/20, MIR 2021, Dok. 044
Vertragsdokumentengenerator - Zur Frage, ob und wann die Erstellung eines Vertragsentwurfs mithilfe eines digitalen Rechtsdokumentengenerators eine Rechtsdienstleistung in einer konkreten Angelegenheit ist (smartlaw)
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 113/20, MIR 2021, Dok. 077
Influencer II - § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV sind bereichsspezifische, spezielle Marktverhaltensregelungen für Telemedien, deren Tatbestandsmerkmal der Gegenleistung nicht für Eigenwerbung gilt
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 125/20 , MIR 2021, Dok. 073
Per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS - Eine in AGB enthaltene Einwilligung des Verbrauchers in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken kann sich auf mehrere Werbekanäle beziehen
BGH, Urteil vom 01.02.2018 - III ZR 196/17, MIR 2018, Dok. 016