Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 05.11.2015 - I ZR 182/14
Durchgestrichener Preis II - Werbung mit einem durchgestrichenen Preis im Internethandel und Verkehrsverständnis
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Leitsätze:*1. Auch im Internethandel ist die Werbung mit einem durchgestrichenen Preis, dem ein niedrigerer Preis gegenübergestellt wird, auf einer Handelsplattform wie Amazon.de nicht schon allein irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG und deshalb wettbewerbswidrig, weil der Werbende nicht durch einen gesonderten Hinweis klarstellt, um welchen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt.
2. Werden Preise für ein Angebot durchgestrichenen Preisen gegenübergestellt, so muss sich aus der Werbung klar und deutlich ergeben, worum es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt (BGH, Urteil vom 17.03.2011 - I ZR 81/09, MIR 2011, Dok. 077 - Original Kanchipur).
3. Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, richtet sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr diese Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 18.09.2013 - I ZR 65/12, MIR 2014, Dok. 039 - Diplomierte Trainerin, mwN). In diesem Zusammenhang kommt es auf die Sichtweise eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers an, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGH, Urteil vom 20.10.1999 - I ZR 167/97 - Orient-Teppichmuster; BGH, Urteil vom 30.06.2011 - I ZR 157/10, MIR 2011, Dok. 099 - Branchenbuch Berg). Irreführend ist eine Werbung, wenn sie geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über die Eigenschaften oder die Befähigung des Unternehmers oder die von ihm angebotene Leistung hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2009 - I ZR 219/06, MIR 2009, Dok. 163 - Thermoroll; BGH, Urteil vom 08.03.2012 -I ZR 202/10, MIR 2012, Dok. 041 - Marktführer Sport).
4. Werbung mit einem durchgestrichenen Preis misst der Verbraucher nicht eine je nach Vertriebsform unterschiedliche Bedeutung bei. Auch im Internethandel und auf einer Handelsplattform wie Amazon.de erkennt der Verkehr in einer durchgestrichenen Preisangabe regelmäßig den früher von dem werbenden Unternehmer verlangten Preis.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 05.04.2016
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2767
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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