Rechtsprechung // Persönlichkeitsrecht
BGH, Urteil vom 18.05.2021 - VI ZR 441/19
"Die Auserwählten" - Die als solche erkennbare bloße Darstellung einer realen Person durch einen Schauspieler ist kein Bildnis der dargestellten Person
KUG § 22; BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1
Leitsätze:*1.
a) Die als solche erkennbare bloße Darstellung einer realen Person durch einen Schauspieler ist kein Bildnis der dargestellten Person i.S.d. § 22 Satz 1 KUG.
b) Zur Zulässigkeit der Darstellung des Missbrauchsgeschehens an der Odenwaldschule in einem Spielfilm (hier: "Die Auserwählten").
2. Das Recht am eigenen Bild nach §§ 22, 23 KUG zielt als spezialgesetzliche Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darauf ab, die Persönlichkeit davor zu schützen, gegen ihren Willen in Gestalt der Abbildung für andere verfügbar zu werden. Als Hauptmerkmal seiner Persönlichkeit bringt das Bild des Einzelnen die Besonderheit seiner Person zum Ausdruck und ermöglicht ihm, sich von seinen Mitmenschen zu unterscheiden. Das Recht der Person auf Schutz des eigenen Bildes stellt somit eine der wesentlichen Bedingungen für ihre persönliche Entfaltung dar. Dieser Schutz steht im Falle der als solche erkennbaren bloßen Darstellung einer Person durch einen Schauspieler dem Schauspieler zu, der in diesem Fall auch in seiner Rolle noch "eigenpersönlich" und damit als er selbst erkennbar bleibt (st. Rspr. seit BGH, Urteil vom 17.11.1960 - I ZR 87/59 - Familie Schölermann). Als Bildnis der dargestellten Person ist die Darstellung dagegen (erst) dann anzusehen, wenn der täuschend echte Eindruck erweckt wird, es handele sich um die dargestellte Person selbst, wie dies etwa bei dem Einsatz eines Doppelgängers oder "look-alike" oder einer nachgestellten berühmten Szene oder Fotographie der Fall sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 01.12.1999 - I ZR 226/97 - Der blaue Engel). Eine Verdoppelung des Bildnisschutzes, der gerade auf der individuellen Unterscheidbarkeit der einzelnen Person von ihresgleichen beruht, auf Schauspieler und dargestellte Person scheidet dagegen, jedenfalls soweit keine Verwechslungsgefahr besteht aus.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 06.07.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3096
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Beschluss vom 29.03.2018 - I ZB 17/17, MIR 2018, Dok. 027
Bundesnachrichtendienst darf Telefonie-Metadaten nicht speichern und nutzen
Bundesverwaltungsgericht, MIR 2017, Dok. 045
Layher - Berechnung des Schadensersatzanspruchs im Rahmen der Lizenzanalogie auf Grundlage einer Umsatzlizenz bei einer Zeichennutzung allein in der Werbung
BGH, Urteil vom 22.09.2021 - I ZR 20/21, MIR 2021, Dok. 094
In dem beA-Postfach ist eine Nachricht eingegangen! - Zum Zugang eines über das besondere elektronische Anwaltspostfach gesendeten Schreibens
OLG Hamm, Urteil vom 22.02.2024 - 22 U 29/23, MIR 2024, Dok. 027
Affiliate-Link - Zu den Anforderungen an die Kenntlichmachung von Affiliate-Links in einem redaktionellen Beitrag auf einem Internetportal
OLG Köln, Beschluss vom 16.12.2020 - 6 W 102/20, MIR 2021, Dok. 006