Kurz notiert // Kartellrecht
Oberlandesgericht Frankfurt a.M.
Vertriebsverbot für Amazon & Co. - Selektives Vertriebssystem für Markenartikel kann zulässig sein
OLG Frankfurt a.M, Urteil vom 22.12.2015 -11 U 84/14 (Kart) - Rucksäcke; Vorinstanz: LG Frankfurt a.M., Urteil vom 18.06.2014, 2-3 O 158/13
MIR 2015, Dok. 090, Rz. 1
1
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Kartellsenat) hat mit Urteil vom 22.12.2015 das Verbot in einem Vertriebsvertrag für Markenrucksäcke, diese auf Internetverkaufsplattformen wie Amazon zu verkaufen, als zulässig erachtet. Ein Verbot, die betreffenden Markenrucksäcke über Preisvergleichsportale zu bewerben, hat das Gericht demgegenüber als kartellrechtlich unzulässig angesehen.
Zur Sache:
Die Beklagte ist Herstellerin von Markenrucksäcken. Sie macht die Belieferung der Klägerin, einer Sportartikelfachhändlerin, davon abhängig, dass diese dem in der Vertriebsvereinbarung enthaltenem Verbot zustimmt, die Markenrucksäcke über die Internetverkaufsplattform Amazon zu verkaufen und diese über Preisvergleichsportale bzw. Preissuchmaschinen zu bewerben. Das Landgericht Frankfurt a.M. hat diese Verbote erstinstanzlich insgesamt für kartellrechtswidrig erachtet. Für eine solche Wettbewerbsbeschränkung bestehe keine Rechtfertigung.
Entscheidung des Oberlandesgerichts: Selektives Vertriebssystem grundsätzlich zum Schutz der Marke zulässig
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat das Urteil des Landgerichts auf die Berufung der Herstellerin teilweise abgeändert und das Vertriebsverbot betreffend den Verkauf über Amazon für zulässig erachtet. Die Untersagung des Verbots der Bewerbung über Preisvergleichsportale wurde demgegenüber bestätigt.
Hersteller- vs. Händlerinteressen - Hersteller nicht zur Förderung des Wettbewerbs kleiner und mittlerer Unternehmen verpflichtet
Ein Hersteller von Markenprodukten dürfe grundsätzlich in einem sogenannten selektiven Vertriebssystem zum Schutz der Marke steuern, unter welchen Bedingungen seine Markenprodukte weitervertrieben werden. Bei dem Verbot des Vertriebs über die Internetplattform Amazon überwiege das Interesse des Herstellers an einer qualitativen hochwertigen Beratung sowie der Signalisierung einer hohen Produktqualität der Marke. Im Gegensatz zu den Preissuchmaschinen erscheine bei Amazon auch bei Händlershops das Produktangebot als ein solches von Amazon und nicht als ein solches des Fachhändlers. Dem Hersteller werde damit ein Händler "untergeschoben", mit dem der Hersteller keine Vertragsbeziehung unterhalte und auf dessen Geschäftsgebaren er keinen Einfluss habe. Die Tatsache, dass der Vertrieb über "Amazon-Marketplace" für kleine Händler die Wahrnehmbarkeit und Auffindbarkeit erheblich erhöhe, stehe dem nicht entgegen. Der Hersteller könne nicht zu einer aktiven Förderung des Wettbewerbs kleiner und mittlerer Unternehmen im Internet-Handel durch die Zulassung eines Verkaufs über Amazon verpflichtet werden.
Verbot der Bewerbung über Preissuchmaschinen nicht zulässig - Ausnahme bei "Luxusgütern"?
Der Hersteller missbrauche hier allerdings seine durch die Abhängigkeit der Händler bestehende Stellung, wenn er diesen auch verbiete, seine Markenprodukte über Preissuchmaschinen zu bewerben. Dies sei zur Aufrechterhaltung des Markenimages nicht erforderlich, da diese Suchmaschinen in den Augen der Verbraucher nicht dem unmittelbaren Verkauf dienten, sondern lediglich dem Auffinden von Händlern, die das gesuchte Produkt anbieten. Dem Markenimage stehe nicht entgegen, dass durch die Anhäufung von gleichförmigen Produktabbildungen und Preisangaben beim potentiellen Käufer der monotone Eindruck einer massenhaften Verfügbarkeit entstehe. Diesem Aspekt komme - jedenfalls solange keine Luxusgüter vertrieben würden - keine Bedeutung zu.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.
Parallelverfahren zu ähnlichen Fragestellungen
In einem den Vertrieb von Markenkosmetik betreffenden Parallelverfahren (OLG Frankfurt a.M., 11 U 96/14 (Kart), Beschluss vom 22.12.2015 - Markenkosmetik, vorausgehend LG Frankfurt a.M., Urteil vom 31.07.2014, 2-3 O 128/13) hat das Gericht einen Beweisbeschluss zu der Frage erlassen, ob der Hersteller die aufgestellten Kriterien für den Internet-Vertrieb auch diskriminierungsfrei auf alle Händler anwendet.
(tg) - Quelle: PM des OLG Frankfurt a.M. vom 22.12.2015
Zur Sache:
Die Beklagte ist Herstellerin von Markenrucksäcken. Sie macht die Belieferung der Klägerin, einer Sportartikelfachhändlerin, davon abhängig, dass diese dem in der Vertriebsvereinbarung enthaltenem Verbot zustimmt, die Markenrucksäcke über die Internetverkaufsplattform Amazon zu verkaufen und diese über Preisvergleichsportale bzw. Preissuchmaschinen zu bewerben. Das Landgericht Frankfurt a.M. hat diese Verbote erstinstanzlich insgesamt für kartellrechtswidrig erachtet. Für eine solche Wettbewerbsbeschränkung bestehe keine Rechtfertigung.
Entscheidung des Oberlandesgerichts: Selektives Vertriebssystem grundsätzlich zum Schutz der Marke zulässig
Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat das Urteil des Landgerichts auf die Berufung der Herstellerin teilweise abgeändert und das Vertriebsverbot betreffend den Verkauf über Amazon für zulässig erachtet. Die Untersagung des Verbots der Bewerbung über Preisvergleichsportale wurde demgegenüber bestätigt.
Hersteller- vs. Händlerinteressen - Hersteller nicht zur Förderung des Wettbewerbs kleiner und mittlerer Unternehmen verpflichtet
Ein Hersteller von Markenprodukten dürfe grundsätzlich in einem sogenannten selektiven Vertriebssystem zum Schutz der Marke steuern, unter welchen Bedingungen seine Markenprodukte weitervertrieben werden. Bei dem Verbot des Vertriebs über die Internetplattform Amazon überwiege das Interesse des Herstellers an einer qualitativen hochwertigen Beratung sowie der Signalisierung einer hohen Produktqualität der Marke. Im Gegensatz zu den Preissuchmaschinen erscheine bei Amazon auch bei Händlershops das Produktangebot als ein solches von Amazon und nicht als ein solches des Fachhändlers. Dem Hersteller werde damit ein Händler "untergeschoben", mit dem der Hersteller keine Vertragsbeziehung unterhalte und auf dessen Geschäftsgebaren er keinen Einfluss habe. Die Tatsache, dass der Vertrieb über "Amazon-Marketplace" für kleine Händler die Wahrnehmbarkeit und Auffindbarkeit erheblich erhöhe, stehe dem nicht entgegen. Der Hersteller könne nicht zu einer aktiven Förderung des Wettbewerbs kleiner und mittlerer Unternehmen im Internet-Handel durch die Zulassung eines Verkaufs über Amazon verpflichtet werden.
Verbot der Bewerbung über Preissuchmaschinen nicht zulässig - Ausnahme bei "Luxusgütern"?
Der Hersteller missbrauche hier allerdings seine durch die Abhängigkeit der Händler bestehende Stellung, wenn er diesen auch verbiete, seine Markenprodukte über Preissuchmaschinen zu bewerben. Dies sei zur Aufrechterhaltung des Markenimages nicht erforderlich, da diese Suchmaschinen in den Augen der Verbraucher nicht dem unmittelbaren Verkauf dienten, sondern lediglich dem Auffinden von Händlern, die das gesuchte Produkt anbieten. Dem Markenimage stehe nicht entgegen, dass durch die Anhäufung von gleichförmigen Produktabbildungen und Preisangaben beim potentiellen Käufer der monotone Eindruck einer massenhaften Verfügbarkeit entstehe. Diesem Aspekt komme - jedenfalls solange keine Luxusgüter vertrieben würden - keine Bedeutung zu.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann mit der Revision zum Bundesgerichtshof angegriffen werden.
Parallelverfahren zu ähnlichen Fragestellungen
In einem den Vertrieb von Markenkosmetik betreffenden Parallelverfahren (OLG Frankfurt a.M., 11 U 96/14 (Kart), Beschluss vom 22.12.2015 - Markenkosmetik, vorausgehend LG Frankfurt a.M., Urteil vom 31.07.2014, 2-3 O 128/13) hat das Gericht einen Beweisbeschluss zu der Frage erlassen, ob der Hersteller die aufgestellten Kriterien für den Internet-Vertrieb auch diskriminierungsfrei auf alle Händler anwendet.
(tg) - Quelle: PM des OLG Frankfurt a.M. vom 22.12.2015
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 29.12.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2757
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