Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 09.07.2015 - I ZR 224/13
Kopfhörer-Kennzeichnung - Zur Dauerhaftigkeit der Kennzeichnung nach § 7 ElektroG und zur Auslegung eines Unterlassungsvertrags
UWG § 4 Nr. 11; ElektroG § 7 Satz 1; Richtlinie 2012/19/EU Art. 12 Abs. 3 Unterabs. 2 Satz 1, Art. 15 Abs. 2; BGB §§ 157, 339
Leitsätze:*1. Nach § 7 Satz 3 ElektroG (und DIN EN 50419 Nr. 4.3 Unterabsatz 2) ist die Kennzeichnung (nur) auf die Verpackung, die Gebrauchsanweisung oder den Garantieschein für das Gerät aufzudrucken, sofern dies auf Grund der Größe oder der Funktion des Produkts erforderlich ist. Daraus ergibt sich, dass die Kennzeichnung grundsätzlich am Gerät anzubringen ist. Weitergehende Bestimmungen über die Stelle der Kennzeichnung enthält das Elektrogesetz nicht. Daraus folgt, dass auch eine Anbringung an und nicht nur auf Kopfhörern den Erfordernissen des § 7 Satz 1 ElektroG entspricht (hier: an den Kabeln).
2.
a) Die Bestimmung des § 7 Satz 1 ElektroG stellt insofern eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar, als sie den Schutz der Mitbewerber vor einer Belastung mit höheren Entsorgungskosten infolge nicht gekennzeichneter Elektrogeräte durch andere Marktteilnehmer bezweckt.
b) Das in § 7 Satz 1 ElektroG geregelte Erfordernis der Dauerhaftigkeit der Kennzeichnung steht jedenfalls seit 13. August 2012 mit dem Unionsrecht in Einklang.
c) Die Kennzeichnung eines Elektro- oder Elektronikgeräts ist als dauerhaft im Sinne von § 7 Satz 1 ElektroG anzusehen, wenn sie ein Mindestmaß an Unzerstörbarkeit aufweist und auch sonst nicht unschwer zu entfernen ist.
d) Mehrere Zuwiderhandlungen gegen ein Vertragsstrafeversprechen können als ein einziger Verstoß zu werten sein, wenn sie gleichartig sind, unter Außerachtlassung derselben Pflichtenlage begangen worden sind, zeitlich in einem engen Zusammenhang stehen und der Handelnde sein Verhalten als wettbewerbskonform angesehen hat (im Anschluss an BGHZ 146, 318, 329 ff. - Trainingsvertrag).
3. Die Auslegung eines Unterlassungsvertrags richtet nach dem auch sonst für die Vertragsauslegung geltenden Grundsätzen (vgl. BGH, Urteil vom 25.01.2001 - I ZR 323/98 - Trainingsvertrag; BGH, Urteil vom 17.07.2008 - I ZR 168/05 - Kinderwärmekissen; BGH, Urteil vom 13.11.2013 - I ZR 77/12 - Vertragsstrafenklausel; BGH, Urteil vom 18.09.2014 - I ZR 76/13 - CT-Paradies). Dabei ist der wirkliche Wille der Vertragsparteien maßgebend (§§ 133, 157 BGB), bei dessen Ermittlung neben dem Inhalt der Vertragserklärungen insbesondere die beiderseits bekannten Umstände, der Zweck der Vereinbarung, die Art und Weise ihres Zustandekommens, die wettbewerbsrechtlich relevante Beziehung zwischen den Vertragspartnern und deren Interessenlage zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 25.01.2001 - I ZR 323/98 - Trainingsvertrag; BGH, Urteil vom 17.07.2008 - I ZR 168/05 - Kinderwärmekissen; BGH, Urteil vom 25.10.2012 - I ZR 169/10 - Einwilligung in Werbeanrufe; BGH, Urteil vom 18.09.2014 - I ZR 76/13 - CT-Paradies). Das Versprechen, eine Vertragsstrafe "für jeden Fall der Zuwiderhandlung" zu zahlen, kann dahin auszulegen sein, dass mehrere zeitlich nicht zu weit auseinanderliegende Einzelverstöße, die auf fahrlässigem Verhalten beruhen, als eine einzige Zuwiderhandlung angesehen werden. Wenn es zu einer Mehr- oder Vielzahl von Verstößen gekommen ist, ist dabei zunächst zu prüfen, ob diese eine natürliche Handlungseinheit und damit nur eine Handlung darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.1960 - I ZR 77/59 - Krankenwagen II; BGH, Urteil vom 25.01.2001 - I ZR 323/98 - Trainingsvertrag; BGH, Urteil vom 17.07.2008 - I ZR 168/05 - Kinderwärmekissen).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 31.08.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2733
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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