Rechtsprechung // Datenschutzrecht
BGH, Urteil vom 20.01.2015 - VI ZR 137/14
Zur Frage der Auskunftspflicht des Klinikträgers über die Privatanschrift eines bei ihm angestellten Arztes
BGB § 242; BDSG § 32 Abs. 1 Satz 1
Leitsätze:*1. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG gestattet dem Arbeitgeber die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. § 32 BDSG erfasst dabei alle in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehenden Personen (vgl .§ 3 Abs. 11 Nr. 1 BDSG; hier: angestellter Arzt).
2. Bei der Privatadresse eines beschäftigten Arztes handelt es sich um eine Einzelangabe über persönliche Verhältnisse einer bestimmten Person und mithin um personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG.
3. Nach § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3a BDSG ist das Übermitteln gespeicherter Daten in der Weise, dass die Daten an einen Dritten weitergegeben werden, ein Verarbeiten von Daten ungeachtet der dabei angewendeten Verfahren. Einem Auskunftsanspruch (hier: gem. § 242 BGB) steht daher grundsätzlich das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach § 4 Abs. 1 BDSG entgegen.
4. Der Arbeitgeber ist aber grundsätzlich nicht berechtigt, die personenbezogenen Daten, die für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben worden sind, an Dritte (vgl. § 3 Abs. 8 Satz 2 BDSG) weiterzuleiten. Eine Weiterleitung solcher privater Kommunikationsdaten an Dritte bedarf vielmehr - mangels der regelmäßig nicht vorliegenden Einwilligung des Betroffenen - der besonderen Gestattung durch eine Rechtsvorschrift (§ 4 Abs. 1 BDSG). Werden Daten für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, ist die Übermittlung an Dritte vielmehr nach dem für den Datenschutz geltenden Zweckbindungsgebot grundsätzlich als zweckfremde Verwendung ausgeschlossen. Sie kann nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen von § 28 Abs. 2 Nr. 2a BDSG zulässig sein, soweit die Vorschrift neben § 32 BDSG anwendbar ist.
5. Zur Frage der Auskunftspflicht des Klinikträgers über die Privatanschrift eines bei ihm angestellten Arztes.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 18.02.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2687
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Köln, Urteil vom 09.09.2022 - 6 U 18/22, MIR 2022, Dok. 066
Sind Verbraucherschutzverbände befugt, Verstöße gegen das Datenschutzrecht zu verfolgen? BGH legt Frage dem EuGH vor
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 048
Knuspermüsli II - In Fällen der Verletzung einer Informationspflicht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation ist die Unlauterkeit allein nach § 5a Abs. 2 und 4 UWG und nicht nach § 3a UWG zu beurteilen
BGH, Urteil vom 07.04.2022 - I ZR 143/19, MIR 2022, Dok. 049
E2 - Keine (urheberrechtlichen) Schadensersatzansprüche der Erben von Egon Eiermann (Schöpfer des ikonischen Tischgestells von 1953 mit diagonalen Kreuzstreben) wegen des Vertriebs des Tischgestells "E2"
BGH, Urteil vom 09.11.2023 - I ZR 203/22, MIR 2024, Dok. 013
Dr. Z - Bei Verwendung eines Doktortitels zur Bezeichnung eines zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums erwartet der Verkehr die (medizinische) Leitung durch einen promovierten Zahnarzt
BGH, Urteil vom 11.02.2021 - I ZR 126/19, MIR 2021, Dok. 030