Kurz notiert
Bundegerichtshof
Werbung für Handy-Klingeltöne in Jugendzeitschriften - Gezielt an Minderjährige gerichtete Werbung für Handy-Klingeltöne, in der nur der Minutenpreis angegeben wird, grundsätzlich wettbewerbswidrig i.S.d. § 4 Nr.2 UWG.
BGH, Urteil vom 6. April 2006 - I ZR 125/03
MIR 2006, Dok. 046, Rz. 1
1
Der u. a. für Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte auf Klage des Bundesverbandes
der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände darüber zu entscheiden, ob ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn ein Unternehmen
in einer Jugendzeitschrift für Handy-Klingeltöne wirbt und dabei lediglich darauf hingewiesen wird, dass das Herunterladen über
eine kostenpflichtige 0190-Service-Telefonnummer 1,86 € pro Minute kostet. Der klagende Verband meint, ohne einen Hinweis auf die
durchschnittliche Dauer des Herunterladens und die dadurch entstehenden Kosten werde die Unerfahrenheit der Jugendlichen in unlauterer
Weise ausgenutzt.
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben der auf Unterlassung gerichteten Klage des Verbraucherverbandes stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat die Werbung als wettbewerbswidrig angesehen, da sie geeignet sei, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen auszunutzen (§ 4 Nr. 2 UWG). Handlungen, die gegenüber einer nicht besonders schutzwürdigen Zielgruppe noch zulässig seien, könnten gegenüber geschäftlich Unerfahrenen unzulässig sein. Voraussetzung für den Schutz sei - so der erkennende Senat -, dass sich die Werbung - zumindest auch – gezielt an Kinder oder Jugendliche richte. Dies sei im vorliegenden Fall anzunehmen, da die Leserschaft der Zeitschrift, in der die Werbung abgedruckt worden sei, zu mehr als 50% aus Kindern und Jugendlichen bestehe.
Aber: Noch nicht jede gezielte Beeinflussung Minderjähriger durch Werbung unlauter
Der Bundesgerichtshof stellte aber auch klar, dass nicht jede gezielte Beeinflussung von Minderjährigen durch Werbung unlauter ist. Die konkrete Handlung müsse vielmehr geeignet sein, die geschäftliche Unerfahrenheit auszunutzen. Maßgeblich sei insoweit, ob und inwieweit sich die Unerfahrenheit auf die Entscheidung über das Angebot auswirke. Minderjährige seien weniger in der Lage, die durch die Werbung angepriesene Leistung in Bezug auf Bedarf, Preiswürdigkeit und finanzielle Folgen zu bewerten. Daher müsse Kindern und Jugendlichen ausreichend deutlich gemacht werden, welche finanziellen Belastungen auf sie zukämen. Dem werde die angegriffene Werbung nicht gerecht, da nach dieser die Kosten nicht überschaubar seien. Diese Ungewissheit habe dadurch ein besonderes Gewicht bekommen, dass der Verbraucher die tatsächliche finanzielle Belastung erst durch eine spätere Abrechnung erfahre. Aus diesen Gründen sei eine gezielt an Minderjährige gerichtete Werbung für Handy-Klingeltöne, in der nur der Minutenpreis angegeben wird, grundsätzlich wettbewerbswidrig.
(tg)
Quelle: PM des BGH Nr. 60/2006 vom 6.04.2006
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben der auf Unterlassung gerichteten Klage des Verbraucherverbandes stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Revision blieb ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat die Werbung als wettbewerbswidrig angesehen, da sie geeignet sei, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen auszunutzen (§ 4 Nr. 2 UWG). Handlungen, die gegenüber einer nicht besonders schutzwürdigen Zielgruppe noch zulässig seien, könnten gegenüber geschäftlich Unerfahrenen unzulässig sein. Voraussetzung für den Schutz sei - so der erkennende Senat -, dass sich die Werbung - zumindest auch – gezielt an Kinder oder Jugendliche richte. Dies sei im vorliegenden Fall anzunehmen, da die Leserschaft der Zeitschrift, in der die Werbung abgedruckt worden sei, zu mehr als 50% aus Kindern und Jugendlichen bestehe.
Aber: Noch nicht jede gezielte Beeinflussung Minderjähriger durch Werbung unlauter
Der Bundesgerichtshof stellte aber auch klar, dass nicht jede gezielte Beeinflussung von Minderjährigen durch Werbung unlauter ist. Die konkrete Handlung müsse vielmehr geeignet sein, die geschäftliche Unerfahrenheit auszunutzen. Maßgeblich sei insoweit, ob und inwieweit sich die Unerfahrenheit auf die Entscheidung über das Angebot auswirke. Minderjährige seien weniger in der Lage, die durch die Werbung angepriesene Leistung in Bezug auf Bedarf, Preiswürdigkeit und finanzielle Folgen zu bewerten. Daher müsse Kindern und Jugendlichen ausreichend deutlich gemacht werden, welche finanziellen Belastungen auf sie zukämen. Dem werde die angegriffene Werbung nicht gerecht, da nach dieser die Kosten nicht überschaubar seien. Diese Ungewissheit habe dadurch ein besonderes Gewicht bekommen, dass der Verbraucher die tatsächliche finanzielle Belastung erst durch eine spätere Abrechnung erfahre. Aus diesen Gründen sei eine gezielt an Minderjährige gerichtete Werbung für Handy-Klingeltöne, in der nur der Minutenpreis angegeben wird, grundsätzlich wettbewerbswidrig.
(tg)
Quelle: PM des BGH Nr. 60/2006 vom 6.04.2006
Online seit: 06.04.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/261
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Was Sie noch interessieren könnte...
Entfernung von Metadaten - Zur urheberrechtlichen Bewertung der Löschung von Metadaten mit dem Namen des Lichtbildners aus Bilddateien
OLG Köln, Urteil vom 02.06.2023 - 6 U 17/23, MIR 2023, Dok. 051
Selbständiges Beweisverfahren ist eine Geschäftsgeheimnisstreitsache im Sinne von § 16 Abs. 1 GeschGehG
BGH, Beschluss vom 09.11.2023 - I ZB 32/23, MIR 2024, Dok. 016
Kinderzahnarztpraxis - Zum Verkehrsverständnis und dessen Beurteilung aus der eigenen Sachkunde und Lebenserfahrung des Gerichts im Bereich der Kinderzahnheilkunde
BGH, Urteil vom 07.04.2022 - I ZR 217/20, MIR 2022, Dok. 035
Notwendige Angaben über den Energieverbrauch in Immobilienanzeigen für Wohnimmobilien
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 038
Produktfotografien - Zu dem Erfordernis und den Anforderungen an einen hinreichenden Inlandsbezug bei Urheberrechtsverletzungen über ausländische Internetseiten
BGH, Urteil vom 05.12.2024 - I ZR 50/24, MIR 2025, Dok. 023
OLG Köln, Urteil vom 02.06.2023 - 6 U 17/23, MIR 2023, Dok. 051
Selbständiges Beweisverfahren ist eine Geschäftsgeheimnisstreitsache im Sinne von § 16 Abs. 1 GeschGehG
BGH, Beschluss vom 09.11.2023 - I ZB 32/23, MIR 2024, Dok. 016
Kinderzahnarztpraxis - Zum Verkehrsverständnis und dessen Beurteilung aus der eigenen Sachkunde und Lebenserfahrung des Gerichts im Bereich der Kinderzahnheilkunde
BGH, Urteil vom 07.04.2022 - I ZR 217/20, MIR 2022, Dok. 035
Notwendige Angaben über den Energieverbrauch in Immobilienanzeigen für Wohnimmobilien
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 038
Produktfotografien - Zu dem Erfordernis und den Anforderungen an einen hinreichenden Inlandsbezug bei Urheberrechtsverletzungen über ausländische Internetseiten
BGH, Urteil vom 05.12.2024 - I ZR 50/24, MIR 2025, Dok. 023