Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 28.11.2013 - I ZR 34/13
Kostenlose Schätzung - Die Werbung eines Edelmetallankäufers mit dem Hinweis "kostenlose Schätzung" verstößt nicht als "Werbung mit einer Selbstverständlichkeit" gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG.
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
Leitsätze:*1. Eine Werbung mit objektiv richtigen Angaben kann gemäß § 5 Abs. 1 UWG unzulässig sein, wenn sie bei einem erheblichen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise einen unrichtigen Eindruck erweckt. Ein solcher unrichtiger Eindruck kann etwa entstehen, wenn Werbebehauptungen etwas Selbstverständliches in einer Weise hervorheben, dass der Adressat der Werbung hierin einen besonderen Vorzug der beworbenen Ware oder Leistung vermutet (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.1987 - I ZR 120/85 - Gratis-Sehtest; BGH, Beschluss vom 23.10.2008 - I ZR 121/07, MIR 2009, Dok. 136 - Edelmetallankauf). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder zum Wesen der angebotenen Ware oder Leistung gehörende Umstände besonders hervorgehoben werden, so dass die Werbeadressaten davon ausgehen, es werde mit einem Vorzug gegenüber anderen Waren gleicher Gattung oder Konkurrenzangeboten geworben, obwohl es sich tatsächlich um Merkmale handelt, die das Leistungsangebot des Werbenden gegenüber anderen Angeboten nicht auszeichnen.
Wesensmäßige Eigenschaften der beworbenen Ware oder Leistung und gesetzlich vorgeschriebene Angaben sind jedoch nur Beispiele einer unlauteren Werbung mit Selbstverständlichkeiten. Entscheidend ist, dass der angesprochene Verkehr in der herausgestellten Eigenschaft der beworbenen Ware oder Leistung irrtümlich einen Vorteil sieht, den er nicht ohne weiteres, insbesondere auch nicht bei Bezug der gleichen Ware oder Leistung bei einem Mitbewerber, erwarten kann (BGH, Beschluss vom 23.10.2008 - I ZR 121/07, MIR 2009, Dok. 136 - Edelmetallankauf).
2. Auf eine freiwillige, für einen Verbraucher nicht mit finanziellen Risiken verbundene (Sonder-) Leistung muss der Anbieter auch dann werbend hinweisen dürfen, wenn er sie nicht allein gewährt, sondern eine entsprechende Übung auch bei seinen Mitbewerbern besteht (BGH, Urteil vom 09.07.1987 - I ZR 120/85 - Gratis-Sehtest).
3. Die Werbung eines Edelmetallankäufers mit dem Hinweis "kostenlose Schätzung" verstößt nicht als "Werbung mit einer Selbstverständlichkeit" gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 09.04.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2583
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 90/20, MIR 2021, Dok. 072
Kein DSGVO-Schadenersatz wegen Werbebrief für Versicherungsprodukte - Für die Rechtmäßigkeit einer (postalischen) Direktwerbung ist nicht Voraussetzung, dass bereits eine Kundenbeziehung besteht
OLG Stuttgart, Urteil vom 02.02.2024 - 2 U 63/22, MIR 2024, Dok. 083
Cookie-Einwilligung II - Zur Einwilligung in telefonische Werbung von zahlreichen Partnerunternehmen und die Verwendung von Cookies zur Erstellung von Nutzerprofilen zu Werbezwecken
BGH, Urteil vom 28.05.2020 - I ZR 7/16, MIR 2020, Dok. 059
Amazons überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb bestätigt - Erste Entscheidung zu § 19a Abs. 1 GWB
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 034
HHole (for Mannheim) und PHaradies - Zur Zulässigkeit der Entfernung von Kunstinstallationen in einem Museum
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 009