Rechtsprechung
OLG Koblenz
Urteil vom 9.01.2006 - Az. 12 U 740/04 (Widerrufsbelehrung ohne ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten unwirksam. Der Hinweis auf das "Postfach" des Widerrufsadressaten genügt dem Erfordernis einer ladungsfähigen Anschrift nicht. Widerruflicher Vertrag nicht schwebend unwirksam sondern nur rechtvernichtender Einwendung mit Wirkung ex-nunc ausgesetzt. § 355 Abs. 2 BGB, § 14 BGB-InfoV)
Leitsätze (tg):
1. Eine Wiederrufsbelehrung (hier in einem Leasingvertrag) genügt nicht den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB
in Verbindung mit § 14 Abs. 4 BGB-InfoV, wenn sie die ladungsfähige Anschrift des Widerrufsadressaten nicht nennt.
2. Belehrt der Unternehmer den Verbraucher ohne Verwendung des Musters der Anlage 2 oder 3 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV über sein
Widerrufs- oder Rückgaberecht, muss er in der Belehrung seine ladungsfähige Anschrift angeben.
3. Der Hinweis auf das "Postfach" des Widerrufsadressaten genügt nicht, da ein Postfach keine ladungsfähige Anschrift enthält.
4. Nach dem Willen des Normgebers des § 14 BGB-InfoV ist eine Postfachangabe in der Widerrufsbelehrung nicht (mehr) ausreichend.
§ 14 BGB-InfoV stellt insoweit eine Konkretisierung des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB dar, der eine "deutlich gestaltete Belehrung" verlangt.
5. Soweit oder solange ein Vertrag widerruflich ist - sei es, das auf Grund einer unzureichenden Widerrufsbelehrung ein befristetes Widerrufsrecht
nicht besteht oder das ein befristetes Widerrufsrecht noch nicht erloschen ist - ist dieser gleichwohl nicht schwebend unwirksam.
Vielmehr sind die Ansprüche aus einem widerruflichen Vertrag wirksam und nur einer rechtsvernichtenden Einwendung ausgesetzt. Der Verbraucher ist erst
auf Grund des wirksamen Widerrufs an seine Willenserklärung (ex-nunc) "nicht mehr gebunden", § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB.
MIR 2006, Dok. 042
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 04.04.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/257
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG München, Urteil vom 13.08.2020 - 29 U 1872/20, MIR 2020, Dok. 079
Matratzen-UVP - Von einer ernstgemeinten und ernstgenommenen unverbindlichen Preisempfehlung kann im Matratzenhandel nicht mehr ausgegangen werden
OLG Köln, Urteil vom 09.09.2022 - 6 U 92/22, MIR 2022, Dok. 067
Sattelunterseite II - Zur Frage der Sichtbarkeit eines Bauelements (hier: Fahrradsattel) eines komplexen Erzeugnisses (hier: Fahrrad) bei seiner bestimmungsgemäßen Verwendung
BGH, Urteil vom 15.06.2023 - I ZB 31/20 , MIR 2023, Dok. 057
Meme mit Falschzitat - Nach Kenntnis rechtswidriger Inhalte kann ein Plattformbetreiber (hier Meta) verpflichtet sein auch sinn- oder kerngleiche Posts zu löschen
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2024, Dok. 008
Keine geschäftliche Handlung - Übersendung von Anwaltsschriftsätzen an die Rechtsanwaltskammer nicht wettbewerbs- oder datenschutzrechtswidrig
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 19.02.2020 - 6 W 19/20, MIR 2020, Dok. 029