Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 05.12.2024 - I ZR 38/24
Sonntagsverkauf im Gartencenter - Die Zulässigkeit der Öffnung einer Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW bestimmt sich nach deren Kernsortiment
LÖG NW §§ 4 Abs. 2 Satz 1; 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1; UWG §§ 3 Abs. 1, 3a, 8 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:*1. Über die Zulässigkeit der Öffnung einer Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW entscheidet das dort angebotene Kernsortiment, nicht aber das ergänzend dazu angebotene Randsortiment.
2. Die Zugehörigkeit von Waren zum Randsortiment im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW richtet sich nach deren hauptsächlicher Zweckbestimmung und nicht danach, in welcher Weise sie darüber hinaus noch genutzt werden können. Waren des nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW zulässigen Randsortiments müssen weder zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt sein, noch müssen sie gleichzeitig oder kombiniert mit Waren des Kernsortiments erworben werden.
3. Indem der Landesgesetzgeber (NRW) für die Frage, welche Ladengeschäfte außerhalb der regulären Öffnungszeiten geöffnet sein dürfen, darauf abgestellt hat, ob das angebotene Kernsortiment den typischerweise an Sonn- und Feiertagen anfallenden Bedarf befriedigt (vgl. LTÂDrucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 14), hat er eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung vorgenommen. Dabei ist es hinzunehmen, dass das Randsortiment (beispielsweise Dekorationsartikel) nur in den aufgrund ihres Kernsortiments privilegierten Verkaufsstellen sonn- und feiertags verkauft werden darf, in sonstigen Verkaufsstellen, die gleichartige Artikel anbieten, aber nicht. Niemand kann allein daraus, dass einer Gruppe aus besonderem Anlass Vergünstigungen zugestanden werden, für sich ein verfassungsrechtliches Gebot herleiten, dieselben Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen, sofern für ihn kein vergleichbarer besonderer Anlass besteht. Wegen des Ausnahmecharakters der Regelungen für die Verkaufsstellenöffnung außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten kann deren Ausweitung auf bis dahin nicht erfasste Sachverhalte nicht durch Berufung auf den allgemeinen Gleichheitssatz erzwungen werden (vgl. BVerfGE 125, 39; OLG Hamm, 26.03.2013 - I-4 U 176/12).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 08.01.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3437
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2022, Dok. 088
Kein DSGVO-Schadenersatz wegen Werbebrief für Versicherungsprodukte - Für die Rechtmäßigkeit einer (postalischen) Direktwerbung ist nicht Voraussetzung, dass bereits eine Kundenbeziehung besteht
OLG Stuttgart, Urteil vom 02.02.2024 - 2 U 63/22, MIR 2024, Dok. 083
Rasierscherkopf - Zur privilegierten Zeichenverwendung bei der Werbung für nicht-originale Ersatzteile
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 03.05.2022 - 6 W 28/22, MIR 2022, Dok. 056
Irreführung durch Mogelpackungen - Bei einer (relativen) Füllmenge von zwei Dritteln steht die Verpackung nicht (mehr) in einem angemessenen Verhältnis zum Produkt
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 044
Keine entsprechende Anwendung von § 656 Abs. 1 BGB auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag
Bundesgerichtshof, MIR 2021, Dok. 049