Kurz notiert // Datenschutzrecht
Bundesgerichtshof
Die Scoreformel darf geheim bleiben - BGH zum Umfang einer von der SCHUFA zu erteilenden datenschutzrechtlichen Auskunft
BGH, Urteil vom 28.01.2014 - VI ZR 156/13; Vorinstanzen: AG Gießen, Urteil vom 11.10.2012 - 47 C 206/12; LG Gießen, Urteil vom 06.03.2013 - 1 S 301/12
MIR 2014, Dok. 009, Rz. 1
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Mit Urteil vom 28.01.2014 (VI ZR 156/13) hat der Bundesgerichtshof zum Umfang einer von der SCHUFA bzw. Auskunfteien zu erteilenden Auskunft nach § 34 Abs. 4 BDSG entschieden. Zwar sei Ziel des Auskunftsanspruchs, für den Betroffenen Transparenz hinsichtlich des Scoringverfahrens herzustellen. Dies schließe aber nicht auch die Auskunft über die sogenannten "Scoreformel" - also die Berechnungsgrundlagen des "Score" - mit ein, so der Bundesgerichtshof.
Zur Sache:
Die Klägerin hat gegen die beklagte Wirtschaftsauskunftei SCHUFA einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch geltend gemacht.
Die SCHUFA sammelt und speichert im Rahmen ihrer Tätigkeit personenbezogene Daten, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen relevant sein können. Darüber hinaus erstellt sie, unter anderem auch unter Berücksichtigung der hinsichtlich des jeweiligen Betroffenen vorliegenden Daten, sogenannten Scorewerte. Ein Score stellt einen Wahrscheinlichkeitswert über das künftige Verhalten von Personengruppen dar, der auf der Grundlage statistisch-mathematischer Analyseverfahren berechnet wird. Die von der Beklagten ermittelten Scores sollen aussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betroffene seine Verbindlichkeiten vertragsgemäß erfüllen wird. Ihren Vertragspartnern stellt die Beklagte diese Scorewerte zur Verfügung, um ihnen die Beurteilung der Bonität ihrer Kunden zu ermöglichen.
Nachdem die Finanzierung eines Automobilkaufs der Klägerin zunächst aufgrund einer unrichtigen Auskunft der Beklagten gescheitert war, wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Diese übersandte ihr nachfolgend eine Bonitätsauskunft sowie mehrfach eine "Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz". Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten erteilte Auskunft genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Das Amtsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin beim Landgericht blieb ohne Erfolg.
Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt, ihr hinsichtlich einzelner Scorewerte Auskunft darüber zu erteilen, welche Merkmale zur Scoreberechnung in welcher Gewichtung eine Rolle spielen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Große Transparenz bei Scoringverfahren aber auch Schutz der "Scoreformel"
Der Bundesgerichtshof (VI. Zivilsenat) hat die Revision mit Urteil vom 28.01.2014 (VI ZR 156/13) zurückgewiesen.
Die SCHUFA habe zwar Auskunft darüber zu erteilen, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten bei ihr gespeichert und in die Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte eingeflossen sind. Diese Auskunft habe die Beklagte gegenüber der Klägerin (indes teilweise erst im vorliegenden Verfahren) auch erteilt. Der Klägerin wurden alle bei der Beklagten zu ihrer Person gespeicherten Daten übermittelt. Ferner wurde sie über die in den letzten zwölf Monaten an Dritte übermittelten und die aktuell berechneten Wahrscheinlichkeitswerte sowie über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Daten informiert und die Einzelheiten dazu wurden in einem Merkblatt erläutert.
Auskunftsanspruch ja - aber nicht das Rezept
Einen darüber hinausgehenden Auskunftsanspruch der Klägerin habe das Berufungsgericht allerdings zu Recht verneint. Die von der Klägerin beanspruchten konkreten Angaben zu Vergleichsgruppen zählen - so der Bundesgerichtshof - nicht zu den Elementen des Scoringverfahrens, über die nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG Auskunft zu erteilen ist. Gleiches gelte für die Gewichtung der in den Scorewert eingeflossenen Merkmale. Dem Auskunftsanspruch nach § 34 Abs. 4 BDSG liege die gesetzgeberische Intention zugrunde, trotz der Schaffung einer größeren Transparenz bei Scoringverfahren Geschäftsgeheimnisse der Auskunfteien, namentlich die sogenannten Scoreformel, zu schützen. Die Auskunftsverpflichtung solle dazu dienen, dass der Betroffene den in die Bewertung eingeflossenen Lebenssachverhalt erkennen und darauf reagieren kann. Hierzu bedürfe es keiner Angaben zu Vergleichsgruppen und zur Gewichtung einzelner Elemente. Das gesetzgeberische Ziel eines transparenten Verfahrens werde dadurch erreicht, dass für den Betroffenen ersichtlich ist, welche konkreten Umstände als Berechnungsgrundlage in die Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts eingeflossen sind. Dieses Ziel werde durch die der Klägerin erteilten Auskünfte erreicht.
(tg) - Quelle: PM Nr. 016/2014 des BGH vom 28.01.2014
Zur Sache:
Die Klägerin hat gegen die beklagte Wirtschaftsauskunftei SCHUFA einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch geltend gemacht.
Die SCHUFA sammelt und speichert im Rahmen ihrer Tätigkeit personenbezogene Daten, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Betroffenen relevant sein können. Darüber hinaus erstellt sie, unter anderem auch unter Berücksichtigung der hinsichtlich des jeweiligen Betroffenen vorliegenden Daten, sogenannten Scorewerte. Ein Score stellt einen Wahrscheinlichkeitswert über das künftige Verhalten von Personengruppen dar, der auf der Grundlage statistisch-mathematischer Analyseverfahren berechnet wird. Die von der Beklagten ermittelten Scores sollen aussagen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betroffene seine Verbindlichkeiten vertragsgemäß erfüllen wird. Ihren Vertragspartnern stellt die Beklagte diese Scorewerte zur Verfügung, um ihnen die Beurteilung der Bonität ihrer Kunden zu ermöglichen.
Nachdem die Finanzierung eines Automobilkaufs der Klägerin zunächst aufgrund einer unrichtigen Auskunft der Beklagten gescheitert war, wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Diese übersandte ihr nachfolgend eine Bonitätsauskunft sowie mehrfach eine "Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz". Die Klägerin ist der Ansicht, die von der Beklagten erteilte Auskunft genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Das Amtsgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin beim Landgericht blieb ohne Erfolg.
Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt, ihr hinsichtlich einzelner Scorewerte Auskunft darüber zu erteilen, welche Merkmale zur Scoreberechnung in welcher Gewichtung eine Rolle spielen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Große Transparenz bei Scoringverfahren aber auch Schutz der "Scoreformel"
Der Bundesgerichtshof (VI. Zivilsenat) hat die Revision mit Urteil vom 28.01.2014 (VI ZR 156/13) zurückgewiesen.
Die SCHUFA habe zwar Auskunft darüber zu erteilen, welche personenbezogenen, insbesondere kreditrelevanten Daten bei ihr gespeichert und in die Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte eingeflossen sind. Diese Auskunft habe die Beklagte gegenüber der Klägerin (indes teilweise erst im vorliegenden Verfahren) auch erteilt. Der Klägerin wurden alle bei der Beklagten zu ihrer Person gespeicherten Daten übermittelt. Ferner wurde sie über die in den letzten zwölf Monaten an Dritte übermittelten und die aktuell berechneten Wahrscheinlichkeitswerte sowie über die zur Berechnung der Wahrscheinlichkeitswerte genutzten Daten informiert und die Einzelheiten dazu wurden in einem Merkblatt erläutert.
Auskunftsanspruch ja - aber nicht das Rezept
Einen darüber hinausgehenden Auskunftsanspruch der Klägerin habe das Berufungsgericht allerdings zu Recht verneint. Die von der Klägerin beanspruchten konkreten Angaben zu Vergleichsgruppen zählen - so der Bundesgerichtshof - nicht zu den Elementen des Scoringverfahrens, über die nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 BDSG Auskunft zu erteilen ist. Gleiches gelte für die Gewichtung der in den Scorewert eingeflossenen Merkmale. Dem Auskunftsanspruch nach § 34 Abs. 4 BDSG liege die gesetzgeberische Intention zugrunde, trotz der Schaffung einer größeren Transparenz bei Scoringverfahren Geschäftsgeheimnisse der Auskunfteien, namentlich die sogenannten Scoreformel, zu schützen. Die Auskunftsverpflichtung solle dazu dienen, dass der Betroffene den in die Bewertung eingeflossenen Lebenssachverhalt erkennen und darauf reagieren kann. Hierzu bedürfe es keiner Angaben zu Vergleichsgruppen und zur Gewichtung einzelner Elemente. Das gesetzgeberische Ziel eines transparenten Verfahrens werde dadurch erreicht, dass für den Betroffenen ersichtlich ist, welche konkreten Umstände als Berechnungsgrundlage in die Ermittlung des Wahrscheinlichkeitswerts eingeflossen sind. Dieses Ziel werde durch die der Klägerin erteilten Auskünfte erreicht.
(tg) - Quelle: PM Nr. 016/2014 des BGH vom 28.01.2014
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 28.01.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2542
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