Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Höhe von Rechtsanwaltskosten bei einer Abmahnung aus einem Gebrauchs- und Geschmacksmuster
BGH, Urteil vom 13.11.2013 – X ZR 171/12; Vorinstanz: AG Augsburg, Urteil vom 08.09.2011 – 17 C 2055/11; LG Augsburg, Urteil vom 06.06.2012 – 72 S 4026/11
MIR 2013, Dok. 080, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof (X. Zivilsenat) hat mit Urteil vom 13.11.2013 (X ZR 171/12) über die Höhe von Rechtsanwaltskosten bei einer Abmahnung aus einem Gebrauchs- und einem Geschmacksmuster entschieden.
Zur Sache:
Die Klägerin erwarb von der Beklagten, einem Verlagsunternehmen, zusammen mit einem dort bestellten Buch eine Einkaufstasche mit Kühlfach. Später bot sie diese Tasche über ein Internetauktionshaus zum Verkauf an. Daraufhin wurde sie anwaltlich im Auftrag eines dritten Unternehmens abgemahnt, dem Rechte an einem Gebrauchsmuster und einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster an der Tasche zustehen. Die Klägerin ließ die Berechtigung der Abmahnung von Rechtsanwälten prüfen. Diese stellten ihr dafür eine Geschäftsgebühr in Höhe einer eineinhalbfachen Gebühr nach einem Gegenstandswert von EUR 100.000,00 in Rechnung, wobei dieser Wert demjenigen entsprach, der zunächst auch der Abmahnung der Klägerin durch die Schutzrechtsinhaberin zugrunde gelegt war; der beklagte Verlag hatte diese der Klägerin entstandenen Abmahnkosten jedoch übernommen und dafür einvernehmlich einen Betrag von EUR 500,00 an die Schutzrechtsinhaberin erstattet.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der von ihren Rechtsanwälten berechneten 1,5-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von EUR 100.000,00 verlangt (zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagenpauschale rund EUR 2.440,00). Das Amtsgericht hat ihr den nach einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von EUR 50.000,00 berechneten Betrag zugesprochen; das Landgericht hat demgegenüber nur den Ansatz eines Gegenstandswertes von EUR 10.000,00 für angemessen erachtet, die Beklagte zur Zahlung von rund EUR 776,00 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Fehler in der tatrichterlichen Würdigung nicht erkennbar und aufgezeigt
Mit der Revison hat die Klägerin Ihren Erstattungsanspruch, berechnet nach einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von EUR 95.000,00, weiterverfolgt. Der Bundesgerichtshof hat die Revision zurückgewiesen.
Das für die Wertbemessung maßgebliche Interesse der Klägerin als Schutzrechtsverletzerin sei nach den wirtschaftlichen Folgen zu bemessen, die ihr aus der Inanspruchnahme aus den Schutzrechten drohten. Diese entsprächen regelmäßig dem Interesse des Schutzrechtsinhabers an der Geltendmachung seiner Ansprüche, deren Wert nach dem Wert des Schutzrechts und seiner Beeinträchtigung durch den Verletzer zu schätzen sei.
Kein überdurchschnittlicher Umfang und keine überdurchschnittliche Schwierigkeit
Von einem überdurchschnittlichen Umfang oder einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts, die eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 rechtfertige, könne auch bei einer Gebrauchsmuster- oder Gemeinschaftsgeschmacksmustersache nicht pauschal ausgegangen werden. Dies gelte insbesondere, wenn weder die Schutzfähigkeit in Ansehung des Standes der Technik bzw. vorbekannter Gestaltungen zu beurteilen sei noch im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung aufwendige Prüfungen erforderlich gewesen seien.
Die Feststellungen zu diesen Umständen unterlägen tatrichterlicher Würdigung, die nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfbar seien. Solche Fehler im angefochtenen Urteil habe die Revision nicht aufgezeigt.
(tg) - Quelle: PM Nr. 187/2013 des BGH vom 14.11.2013
Zur Sache:
Die Klägerin erwarb von der Beklagten, einem Verlagsunternehmen, zusammen mit einem dort bestellten Buch eine Einkaufstasche mit Kühlfach. Später bot sie diese Tasche über ein Internetauktionshaus zum Verkauf an. Daraufhin wurde sie anwaltlich im Auftrag eines dritten Unternehmens abgemahnt, dem Rechte an einem Gebrauchsmuster und einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster an der Tasche zustehen. Die Klägerin ließ die Berechtigung der Abmahnung von Rechtsanwälten prüfen. Diese stellten ihr dafür eine Geschäftsgebühr in Höhe einer eineinhalbfachen Gebühr nach einem Gegenstandswert von EUR 100.000,00 in Rechnung, wobei dieser Wert demjenigen entsprach, der zunächst auch der Abmahnung der Klägerin durch die Schutzrechtsinhaberin zugrunde gelegt war; der beklagte Verlag hatte diese der Klägerin entstandenen Abmahnkosten jedoch übernommen und dafür einvernehmlich einen Betrag von EUR 500,00 an die Schutzrechtsinhaberin erstattet.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der von ihren Rechtsanwälten berechneten 1,5-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von EUR 100.000,00 verlangt (zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagenpauschale rund EUR 2.440,00). Das Amtsgericht hat ihr den nach einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von EUR 50.000,00 berechneten Betrag zugesprochen; das Landgericht hat demgegenüber nur den Ansatz eines Gegenstandswertes von EUR 10.000,00 für angemessen erachtet, die Beklagte zur Zahlung von rund EUR 776,00 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Fehler in der tatrichterlichen Würdigung nicht erkennbar und aufgezeigt
Mit der Revison hat die Klägerin Ihren Erstattungsanspruch, berechnet nach einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von EUR 95.000,00, weiterverfolgt. Der Bundesgerichtshof hat die Revision zurückgewiesen.
Das für die Wertbemessung maßgebliche Interesse der Klägerin als Schutzrechtsverletzerin sei nach den wirtschaftlichen Folgen zu bemessen, die ihr aus der Inanspruchnahme aus den Schutzrechten drohten. Diese entsprächen regelmäßig dem Interesse des Schutzrechtsinhabers an der Geltendmachung seiner Ansprüche, deren Wert nach dem Wert des Schutzrechts und seiner Beeinträchtigung durch den Verletzer zu schätzen sei.
Kein überdurchschnittlicher Umfang und keine überdurchschnittliche Schwierigkeit
Von einem überdurchschnittlichen Umfang oder einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts, die eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 rechtfertige, könne auch bei einer Gebrauchsmuster- oder Gemeinschaftsgeschmacksmustersache nicht pauschal ausgegangen werden. Dies gelte insbesondere, wenn weder die Schutzfähigkeit in Ansehung des Standes der Technik bzw. vorbekannter Gestaltungen zu beurteilen sei noch im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung aufwendige Prüfungen erforderlich gewesen seien.
Die Feststellungen zu diesen Umständen unterlägen tatrichterlicher Würdigung, die nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfbar seien. Solche Fehler im angefochtenen Urteil habe die Revision nicht aufgezeigt.
(tg) - Quelle: PM Nr. 187/2013 des BGH vom 14.11.2013
Online seit: 14.11.2013
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