Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 20.03.2013 - I ZR 209/11
Telefonwerbung für DSL-Produkte - Auch Mitbewerber und Verbände können Verstöße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 und Abs. 3 UWG verfolgen. Zum Charakteristischen der Verletzungshandlung bei Telefonwerbung.
UWG § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4, Abs. 3, § 8 Abs. 3; Richtlinie 2002/58/EG Art. 13 Abs. 6 Satz 1, Art. 15, 15a; AEUV Art. 169; Richtlinie 2009/22/EG Art. 7 und Anlage I
Leitsätze:*1. Auch Mitbewerber und Verbände können Verstöße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 und Abs. 3 UWG verfolgen.
2. Art. 13 Abs. 6 Satz 1, Art. 15 und 15a der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation - in der durch die Richtlinie 2009/136/EG geänderten Fassung) enthalten keine abschließende Regelung hinsichtlich der Klagebefugnis für die Verfolgung von Verstößen gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 und Abs. 3 UWG.
Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen gibt zudem kein geschlossenes System zur Regelung von Unterlassungsklagen vor. Aus der Richtlinie 2009/22/EG lassen sich keine Schlüsse auf die Anspruchsberechtigung von Mitbewerbern und Verbänden bei einem reinen Inlandssachverhalt ziehen.
Art. 7 Richtlinie 2009/22/EG hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die den qualifizierten Einrichtungen sowie sonstigen betroffenen Personen auf nationaler Ebene weitergehende Rechte zur Klageerhebung einräumen (hier: § 8 Abs. 3 UWG). Art. 169 Abs. 4 Satz 1 AEUV gilt nicht für die Richtlinien 2002/58/EG und 2009/22/EG.
3. Ansprüche auf Unterlassung können über die konkrete Verletzungshandlung hinaus gegeben sein können, soweit in der erweiterten Form das Charakteristische der Verletzungshandlung noch zum Ausdruck kommt (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2010 - I ZR 46/09, MIR 2011, Dok. 032 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung).
4. Wenn mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung geworben wird, besteht das Charakteristische der Verletzungshandlung grundsätzlich im unverlangten Werbeanruf und es kommt daher nicht darauf an, wofür geworben wird. Bei einem Werbeanruf eines Gewerbetreibenden für die Waren oder Dienstleistungen seines Geschäftsbetriebs reicht die durch die Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr reicht allerdings grundsätzlich nicht über den Unternehmensgegenstand hinaus (BGH, Urteil vom 05.10.2010 - I ZR 46/09, MIR 2011, Dok. 032 - Verbotsantrag bei Telefonwerbung).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 27.09.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2497
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Beschluss vom 27.07.2023 - I ZB 114/17, MIR 2023, Dok. 069
jameda.de - Zur Zulässigkeit der Erhebung, Speicherung und Übermittlung von personenbezogenen Daten im Rahmen eines Arztsuche- und Arztbewertungsportals, wenn der Portalbetreiber seine Stellung als "neutraler" Informationsmittler verlässt
BGH, Urteil vom 20.02.2018 - VI ZR 30/17, MIR 2018, Dok. 023
Irreführende Werbung von Zahnärzten für den eigenen Notdienst - Angaben dürfen nicht den falschen Eindruck eines öffentlich-rechtlich organisierten Notdienstes erwecken
Oberlandesgericht Köln, MIR 2020, Dok. 036
Stadtportal und Staatsferne der Presse - Zu den wettbewerbsrechtlichen Grenzen des Betriebs eines kommunalen Internetportals
Bundesgerichtshof, MIR 2022, Dok. 046
Institut für Einfachheit GmbH - Keine Irreführung durch die Verwendung der Bezeichnung "Institut" in der Firma einer GmbH
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.08.2023 - I - 3 Wx 104/23, MIR 2024, Dok. 004