Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 05.10.2010 - I ZR 46/09
Verbotsantrag bei Telefonwerbung - Zum Umfang des Unterlassungsanspruchs und zur Bestimmtheit eines Verbotsantrags wegen unverlangter Telefonwerbung.
UWG 2004 § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Leitsätze:*1. Ein Verbotsantrag kann hinreichend bestimmt sein, auch wenn er im Wesentlichen am Wortlaut des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG 2004 ausgerichtet und nur hinsichtlich des Begriffs der Einwilligung modifiziert ist.
2. Wird in einem Unterlassungsantrag auf Grundlage von § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG, der Begriff des vorherigen Einverständnisses gewählt, wird dadurch der Antrag gegenüber dem Gesetzeswortlaut - der von Einwilligung spricht - weitergehend konkretisiert. Durch einen solchen Antrag wird deutlich, dass der Verbraucher sein Einverständnis vor dem Anruf erklärt haben muss und eine während des Telefonanrufs erklärte Zustimmung zu einem Werbeanruf nicht genügt und zudem eine rechtsgeschäftliche Einwilligung im Sinne von § 183 Satz 1 BGB nicht erforderlich ist.
3. Bei einem unverlangten Werbeanruf ist der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch nicht auf den Gegenstand des Werbeanrufs beschränkt, wenn bei dem Unternehmen, von dem der Werbeanruf ausgeht (etwa einem Callcenter), der Gegenstand der Werbung beliebig austauschbar ist.
4. (Wettbewerbsrechtliche) Ansprüche auf Unterlassung über die konkrete Verletzungshandlung hinaus können gegeben sein, soweit in der erweiterten Form das Charakteristische der Verletzungshandlung noch zum Ausdruck kommt. Eine Verletzungshandlung begründet die Vermutung der Wiederholungsgefahr insoweit nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2009 - I ZR 46/07, MIR 2010, Dok. 022 - Fischdosendeckel; BGH, Urteil vom 19.05.2010 - I ZR 177/07, MIR 2010, Dok. 096 - Folienrollos).
5. Im Fall von § 7 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 UWG besteht das Charakteristisch der Verletzungshandlung in dem unverlangten Werbeanruf gegenüber einem Verbraucher. Wofür geworben wird ist insoweit irrelevant. Etwas anderes hat nur dann zu gelten, wenn ein Gewerbetreibender (selbst) einen Werbeanruf für die Waren oder Dienstleistungen vornimmt, die Gegenstand seines Geschäftsbetriebs sind. In einem solchen Fall reicht die durch die Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr grundsätzlich nicht über den Unternehmensgegenstand hinaus.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 28.03.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2310
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 24.07.2018 - VI ZR 330/17, MIR 2019, Dok. 001
Triumph - Keine Irreführung wegen Hinweis auf die fehlende Lizenz im Angebot für ein Retro-Blechschild
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10.10.2022 - 6 W 61/22, MIR 2022, Dok. 084
Risiko ungeklärter Sachlage nach Abmahnung - Kostentragungspflicht und Veranlassung für ein gerichtliches Verfahren grundsätzlich auch bei außergerichtlicher Korrespondenz
OLG Koblenz, Beschluss vom 23.10.2017 - 9 U 895/17, MIR 2017, Dok. 042
Das Nutzungsrecht für ein, von einem ehemaligen Mitglied gestalteten, Vereinslogo ist nicht ohne Weiteres an die Vereinsmitgliedschaft des Urhebers gebunden
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2023, Dok. 048
Gesetzlichkeitsfiktion nur bei unveränderter Übernahme - Die Schutzwirkung der Gesetzlichkeitsfiktion gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB kommt dem Unternehmer nur bei unveränderter Übernahme der Muster-Widerrufsbelehrung zugute
BGH, Urteil vom 01.12.2022 - I ZR 28/22, MIR 2022, Dok. 023