Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe betroffen? - Frage zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des "Framing" dem EuGH vorgelegt
BGH, Beschluss vom 16.05.2013 - I ZR 46/12 - Die Realität; Vorinstanzen: LG München I - Urteil vom 02.02.2011 - 37 O 15777/10; OLG München - Urteil vom 16.02.2012 - 6 U 1092/11
MIR 2013, Dok. 027, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Beschluss vom 16.05.2013 (I ZR 46/12 - Die Realität) die Frage vorgelegt, ob der Betreiber einer Internetseite eine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf anderen Internetseiten öffentlich zugänglich sind, im Wege des sogenannten "Framing" in seine eigene Internetseite einbindet. Zwar stelle das "Framing" grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19a UrhG dar. Fraglich sei aber, ob bei richtlininenkonformer Auslegung von § 15 Abs. 2 UrhG ein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichens Wiedergabe betroffen ist.
Zur Sache
Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und vertreibt, ließ zu Werbezwecken einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem Titel "Die Realität" herstellen, der sich mit der Wasserverschmutzung befasst. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an diesem Film. Der Film war - nach dem Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung - auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar.
Die beiden Beklagten sind als selbständige Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eigene Internetseiten, auf denen sie für die von ihnen vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie den Besuchern ihrer Internetseiten, das von der Klägerin in Auftrag gegebene Video im Wege des "Framing" abzurufen. Bei einem Klick auf einen elektronischen Verweis wurde der Film vom Server der Videoplattform "YouTube" abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen ("Frame") abgespielt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten das Video damit unberechtigt im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht. Sie hat die Beklagten daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von je EUR 1.000,00 verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Framing zwar grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19a UrhG - Aber: Verletzung eines unbenannten Verwertungsrechts der öffentlichen Wiedergabe (§ 15 Abs. 2 UrhG)?
Zwar habe das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des "Framing" grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheide, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt, so der Bundesgerichtshof. Eine solche Verknüpfung könnte jedoch bei einer im Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG ein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe verletzen.
Vorlage an den EuGH
Der Bundesgerichtshof hat dem EuGH daher die Frage vorgelegt, ob bei der hier in Rede stehenden Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt. Diese Frage sei auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH nicht zweifelsfrei zu beantworten.
(tg) - Quelle: PM Nr. 90/13 des BGH vom 16.05.2013
Zur Sache
Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und vertreibt, ließ zu Werbezwecken einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem Titel "Die Realität" herstellen, der sich mit der Wasserverschmutzung befasst. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an diesem Film. Der Film war - nach dem Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung - auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar.
Die beiden Beklagten sind als selbständige Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eigene Internetseiten, auf denen sie für die von ihnen vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie den Besuchern ihrer Internetseiten, das von der Klägerin in Auftrag gegebene Video im Wege des "Framing" abzurufen. Bei einem Klick auf einen elektronischen Verweis wurde der Film vom Server der Videoplattform "YouTube" abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen ("Frame") abgespielt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten das Video damit unberechtigt im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht. Sie hat die Beklagten daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von je EUR 1.000,00 verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Framing zwar grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19a UrhG - Aber: Verletzung eines unbenannten Verwertungsrechts der öffentlichen Wiedergabe (§ 15 Abs. 2 UrhG)?
Zwar habe das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des "Framing" grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheide, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt, so der Bundesgerichtshof. Eine solche Verknüpfung könnte jedoch bei einer im Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG ein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe verletzen.
Vorlage an den EuGH
Der Bundesgerichtshof hat dem EuGH daher die Frage vorgelegt, ob bei der hier in Rede stehenden Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt. Diese Frage sei auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH nicht zweifelsfrei zu beantworten.
(tg) - Quelle: PM Nr. 90/13 des BGH vom 16.05.2013
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 16.05.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2462
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