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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

Shift.TV und Save.TV - Zwangslizenzeinwand bei Internet-Videorecordern?

BGH, Urteil vom 11.04.2013 - I ZR 152/11 - Internet-Videorecorder II ("Shift.TV"); Vorinstanzen: LG Leipzig, Urteil vom 12.05.2006 - 5 O 4391/05; OLG Dresden, Urteil vom 12.07.2011 - 14 U 1071/06
BGH, Urteil vom 11.04.2013 - I ZR 153/11 ("Shift.TV"); Vorinstanzen: LG Leipzig, Urteil vom 12.05.2006 - 5 O 4371/05; OLG Dresden, Urteil vom 12.07.2011 - 14 U 1070/06
BGH, Urteil vom 11.04.2013 - I ZR 151/11 ("Save.TV"); Vorinstanzem: LG Leipzig, Urteil vom 09.05.2006 - 5 O 2123/06; OLG Dresden, Urteil vom 12.07.011 - 14 U 801/07

MIR 2013, Dok. 020, Rz. 1


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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteilen vom 11.04.2013 entschieden (I ZR 152/11; I ZR 153/11; I ZR 151/11), dass das Angebot der Internet-Videorecorder "Shift.TV" und "Save.TV" zwar in das Recht der Fernsehsender RTL und Sat.1 auf Weitersendung ihrer Funksendungen eingreift (§ 87 UrhG). Allerdings müsse geprüft werden, ob die Anbieter der Internet-Videorecorder sich gegenüber den Fernsehsendern darauf berufen können, dass diese ihnen eine Lizenz für diese Nutzung einräumen müssen.

Zur Sache

Die Klägerinnen sind die Fernsehsender "RTL" und "Sat.1". Die Beklagten bieten unter den Bezeichnungen "Shift.TV" und "Save.TV" Internet-Videorecorder an. Kunden der Beklagten können damit über Antennen frei empfangbare Fernsehprogramme - auch diejenigen der Klägerinnen - aufzeichnen und anschließend ansehen oder herunterladen. Die Beklagten leiten dabei die Funksendungen von den Antennen an die Videorecorder der Kunden weiter.

Die Klägerinnen sehen im Angebot der Beklagten unter anderem eine Verletzung ihres Rechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG, ihre Funksendungen weiterzusenden und nehmen die Beklagten in drei Verfahren auf Unterlassung und - zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen - auf Auskunft in Anspruch.

Landgericht und Berufungsgericht haben eine Verletzung des Weitersenderechts der Klägerinnen verneint. Auf die Revisionen der Klägerinnen hatte der Bundesgerichtshof die Berufungsurteile im Jahr 2009 aufgehoben und die Sachen an das Berufungsgericht zurückverwiesen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 22.04.2009 - I ZR 216/06, MIR 2009, Dok. 173 - Internet-Videorecorder). Das Berufungsgericht hat die Beklagten daraufhin wegen Verletzung des Rechts der Klägerinnen zur Weitersendung ihrer Funksendungen antragsgemäß verurteilt.

Auf die Revisionen der Beklagten hat der BGH nunmehr auch diese Entscheidungen aufgehoben und die Sachen erneut an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Eingriff in das Recht der Sendeunternehmen - aber Zwangslizenz?

Das Berufungsgericht habe zwar mit Recht angenommen, dass die Beklagten in das Recht der Klägerinnen zur Weitersendung ihrer Funksendungen eingegriffen haben. Die Beklagten haben sich aber im wiedereröffneten Berufungsverfahren darauf gestützt, dass die Klägerinnen ihnen nach § 87 Abs. 5 UrhG das Recht zur Kabelweitersendung einräumen müssen. Nach dieser Vorschrift seien Sendeunternehmen unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, mit Kabelunternehmen einen Vertrag über die Kabelweitersendung abzuschließen. Eine solche Verpflichtung könnten die Beklagten den Klägerinnen aber nur dann im Wege des sogenannten Zwangslizenzeinwandes entgegenhalten, wenn sie unter anderem die sich aus einem solchen Vertrag ergebenden Lizenzgebühren gezahlt oder hinterlegt haben. Das Berufungsgericht habe es bislang versäumt zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Erhebung dieses Zwangslizenzeinwands vorliegen.

Schiedsverfahren: Weiter zum DPMA?

Sollten diese Voraussetzungen erfüllt sein, müsse das Berufungsgericht den Rechtsstreit aussetzen, um den Beklagten die Anrufung der beim Deutschen Patent- und Markenamt gebildeten Schiedsstelle zu ermöglichen, die dann zu prüfen hätte, ob die Beklagten einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung haben. Bei Streitfällen über die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung können gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG Ansprüche im Wege der Klage erst geltend gemacht werden, nachdem ein Verfahren vor der Schiedsstelle vorausgegangen ist. Ein solches Vorverfahren vor der Schiedsstelle sei - so der Bundesgerichtshof - nicht nur dann erforderlich, wenn ein Kabelunternehmen auf Abschluss eines solchen Vertrages klagt, sondern auch dann, wenn es sich - wie hier - gegen eine Unterlassungsklage des Sendeunternehmens mit dem Einwand zur Wehr setzt, dieses sei zum Abschluss eines solchen Vertrages verpflichtet.

(tg) - Quelle: PM Nr. 064/2013 des BGH vom 11.04.2013

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 11.04.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2455
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