Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Urteil vom 17.10.2012 - 5 U 166/11
Die beste Idee ist noch kein Werk - Bei der Beurteilung der Frage, ob die Collagen für eine Imagekampagne als zweckgebundene Werke der angewandten Kunst geschützt sind, ist nicht die hinter der betreffenden Gestaltung stehende Idee maßgeblich, sondern (nur) die (konkrete) Form der Gestaltung.
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, §§ 16, 17, § 24 Abs. 1, § 97 Abs. 1, Abs. 2, § 101 Abs. 1; BGB § 242
Leitsätze:*1. Werke, die dazu bestimmt sind, einem bestimmten Zweck zu dienen, können als Werke der angewandten Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geschützt sein.
2. Bei der Beurteilung, ob die Collagen für eine Imagekampagne (hier: eines gemeinnützigen Vereins) als zweckgebundene Werke der angewandten Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG geschützt sind, d.h. Werkcharakter besitzen und über den hierfür erforderlichen Grad der Schöpfungshöhe verfügen, ist nicht die hinter der betreffenden Gestaltung stehende Idee maßgeblich, sondern (nur) die (konkrete) Form der Gestaltung.
3. Die Idee und das Thema eines Werkes sind urheberrechtlich nicht geschützt. Auf den Umstand, dass sich in einem Werk die Idee und das Thema eines älteren Werkes wiederfinden (d.h. übernommen bzw. nachempfunden wurden) kann eine Rechtsverletzung im Sinne von § 97 Abs. 1 UrhG insoweit nicht gestützt werden.
4. Eine freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG kann dann vorliegt, wenn angesichts der Eigenart des neuen Werkes die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werkes verblassen (st. Rspr., z.B. BGH, Urteil vom 20.11.2008 - I ZR 112/06 - Metall auf Metall; BGH, Urteil vom 20.12.2007 - I ZR 42/05 - TV-Total; BGH, Urteil vom 20.03.2003 - I ZR 117/00 - Gies-Adler). Das ist anzunehmen, wenn in dem neuen Werk das ältere nicht mehr in relevantem Umfang benutzt wird (BGH, Urteil vom 20.03.2003 - I ZR 117/00 - Gies-Adler). Dabei ist der Grad der Individualität des benutzten und des neu geschaffenen Werkes zu berücksichtigen. Je ausgeprägter die Individualität des älteren Werkes ist, desto weniger wird es gegenüber dem neu geschaffenen Werk verblassen, umgekehrt wird es umso eher verblassen, je stärker die Individualität des neuen Werkes ist. Es besteht insoweit eine Wechselwirkung. Bei der vergleichenden Beurteilung des benutzten und des neugeschaffenen Werks ist zunächst festzustellen, durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des benutzten Werkes bestimmt wird. Grundsätzlich sind dabei nur die im Schutzbereich des benutzten Werkes liegenden Entlehnungen rechtlich relevant (und eben nicht die hinter dem betreffenden Werk stehende Idee). Maßgeblich ist der Gesamteindruck (BGH, Urteil vom 08.07.2004 - I ZR 25/02 - Hundefigur). Damit ist nicht entscheidend, ob ein nach Umfang und inhaltlicher Bedeutung wesentlicher Teil entlehnt wird, sondern ausschließlich, ob der entlehnte Teil des Werkes als solcher den urheberrechtlichen Schutzvoraussetzungen genügt. In diesem Zusammenhang kommt es auf die Übereinstimmungen, nicht dagegen auf die Verschiedenheiten zwischen beiden Werken an (BGH, Urteil vom 08.07.2004 - I ZR 25/02 - Hundefigur). Bei der Beurteilung, ob eine freie Benutzung vorliegt ist ein strenger Maßstab anzulegen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 13.01.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2437
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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