Rechtsprechung
LG Frankfurt a.M.
Urteil vom 15.12.2005 - Az. 2/03 O 352/05 (Änderung der Vertragsbedingungen von DSL-Internetzugangsverträgen per Email. Zur Vertragsergänzung oder -veränderung durch Schweigen des Kunden auf eine E-mail, §§ 3, 5 Abs. 1 UWG, § 1 UklaG, § 305 Nr.5 BGB)
Leitsätze (tg):
1. Ein Schweigen des Kunden auf eine E-Mail, welche die Verlängerung der Kündigunsfrist und somit die Änderung der Vertragsgrundlage (hier von DSL-Internetzugangsverträgen) zum Inhalt hat, führt grundsätzlich eine Vertragsänderung noch nicht herbei.
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien dem Schweigen nicht einvernehmlich Erklärungsbedeutung - z.B. im Zuge einer den Anforderungen des
§ 308 Nr. 5 BGB genügenden Erklärungsfiktion - zugemessen haben.
3. Ein genereller Ergänzungs- oder Ersetzungsvorbehalt verstößt gegen das Transparenzgebot und damit gegen § 307 Abs. 1 BGB, da der Kunde nicht
vorhersehen kann, in welchen Bereichen er mit (vertraglichen) Änderungen zu rechnen hat.
4. § 1 UKlaG setzt nicht voraus, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen bereits in einen Vertrag mit einbezogen worden sind. Es genügt vielmehr die Benutzung im geschäftlichen Verkehr.
5. § 1 UKlaG schützt nicht nur gegen den Inhalt von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, sondern auch gegen die Art der Einbeziehung und mithin auch formularmäßige Regelungen der Einbeziehungsvoraussetzungen.
6. Der Inhalt eines Vertragsbriefes (hier in Form einer Email) ist dann irreführend i.S.d. §§ 3, 5 Abs. 1 UWG, wenn er dazu geeignet ist, gegenüber dem durchschnittlich informierten Kunden den Eindruck zu erwecken, dass das Ausbleiben einer Reaktion (hier Widerspruch gegen angekündigte Vertragsänderungen) innerhalb einer bestimmten Frist, eine den Vertrag betreffende rechtliche Wirkung herbeiführt, während bei tatsächlich rechtlicher Betrachtung eine solche Wirkung jedoch nicht herbeigeführt werden könnte.
MIR 2006, Dok. 026
--
Ergänzender Hinweis der Redaktion: Mit Datum vom 28.03.2006 wurde mitgeteilt, dass die Entscheidung angfochten wurde.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 03.03.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/241
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 014
Self-Service-Tool - Zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO durch Bereitstellung eines Selbstbedienungstools (hier 'Twitter' aka 'X')
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.07.2024 - 6 U 41/24, MIR 2024, Dok. 096
Die datenschutzrechtlichen Informationspflichten gemäß Art. 13 Abs. 1 lit. a, c und Abs. 2 lit. b, d und e DSGVO stellen Marktverhaltensregelungen dar - Art. 13 Abs. 1 Satz TMG durch DSGVO verdrängt
OLG Stuttgart, Urteil vom 27.02.2020 - 2 U 257/19, MIR 2020, Dok. 016
Museumsfotografie - Veröffentlichung von Fotografien gemeinfreier Kunstwerke kann (urheber-) rechtswidrig sein
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 057
Konzerninkasso - Musterfeststellungsklage zur Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten bei alternativen Vergütungsabreden
Bundesgerichtshof, MIR 2025, Dok. 014