Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 01.03.2012 - III ZR 83/11
Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung - Eine Berufung auf die Schutzwirkung von § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (jetzt: § 360 Abs. 3 Satz 1 BGB) setzt die Verwendung einer Widerrufsbelehrung voraus, die der Muster-Widerrufsbelehrung inhaltlich und in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht.
BGB § 355 Abs. 1, Abs. 2 a.F., BGB § 360 Abs. 3 Satz 1, BGB-InfoV § 14 Abs. 1, Abs. 3
Leitsätze:*1. Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV (jetzt: § 360 Abs. 3 Satz 1 BGB i.V.m. dem Muster der Anlage 1 zum EGBGB) genügte eine Widerrufsbelehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB a.F. und den diesen ergänzenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV a.F. in Textform verwendet wurde.
2. Ein Unternehmen kann sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. zuletzt: BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 - XI ZR 349/10).
Entscheidend ist, ob der Unternehmer den vom Verordnungsgeber entworfenen Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat. Greift der Unternehmer in den Mustertext selbst sein, kann er sich schon deshalb auf eine etwa mit der unveränderten Übernahme der Musterbelehrung verbundene Schutzwirkung nicht berufen.
3. Eine Belehrung über das Widerrufsrecht gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F., die den Hinweis enthält, dass die Frist für den Widerruf "frühestens mit der Erhalt dieser Belehrung" beginnt, genügt nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. Eine solche Belehrung unterrichtet den Verbraucher nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist, vielmehr ist sie irreführend. Die Verwendung des Wortes "frühestens" ermöglicht es dem Verbraucher nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu erkennen, sondern nur dass die Widerrufsfrist "jetzt oder später" beginnt, der Beginn des Fristlaufs als gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Dabei wird der Verbraucher aber im Unklaren gelassen, welche - etwaigen - Umstände diese sind (vgl. BGH, Urteil vom 09.12.2009 - VIII ZR 219/08; BGH, Urteil vom 29.04.2010 - I ZR 66/08, MIR 2010, Dok. 147, Rn. 21 - Holzhocker; BGH, Urteil vom 01.12.2010 - VIII ZR 82/10; BGH; Urteil vom 02.02.2011 - VIII ZR 103/10; BGH, Urteil vom 28.06.2011 - XI ZR 349/10).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 12.04.2012
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2395
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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