Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Kein Wettbewerbsverstoß durch Einordnung eines Gebrauchtwagenangebots in einer falschen Suchrubrik zum Kilometerstand auf einer Internethandelsplattform.
BGH, Urteil vom 06.10.2011 - I ZR 42/10; Vorinstanzen: LG Freiburg, Urteil vom 12.06.2009 - 10 O 5/09; OLG Karlsruhe, Urteil vom 04.02.2010 - 4 U 141/09
MIR 2011, Dok. 081, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 06.10.2011 (I ZR 42/10) entschieden, dass das Anbieten eines gebrauchten Pkw auf einer Internethandelsplattform in einer unzutreffenden Rubrik zum Kilometerstand nicht zwingend wegen Irreführung der am Kauf eines Gebrauchtfahrzeugs interessierten Verbraucher wettbewerbswidrig ist, wenn sich aus der Überschrift des Angebots die richtige Laufleistung des betreffenden Fahrzeugs ergibt.
Zur Sache
Die Parteien handeln mit gebrauchten Kraftfahrzeugen, die sie unter anderem über eine Internethandelsplattform zum Kauf anbieten. Dabei kann der Verkäufer verschiedene Merkmale, beispielsweise den Kilometerstand, zu dem von ihm angebotenen Fahrzeug eingeben. Ein Kaufinteressent kann ebenfalls Kriterien zu dem von ihm gesuchten Fahrzeug auswählen. Zum Kilometerstand kann er "beliebig" oder beispielsweise 5.000 km, 100.000 km oder 125.000 km auswählen.
Die Beklagte inserierte auf einer Internethandelsplattform in der Rubrik "bis 5.000 km" ein Fahrzeug mit folgender fettgedruckter Überschrift: "BMW 320 d Tou.* Gesamt-KM 112.970** ATM- 1.260 KM**". Die Klägerin sah in dem Angebot des Fahrzeugs in einer unzutreffenden Kilometerstandsrubrik eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung des Verkehrs und hat die Beklagte daher auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Beklagte nehme durch die unzutreffende Kilometerangabe in der Suchrubrik "bis 5.000 km" eine irreführende Handlung vor und verschaffe sich dadurch trotz der Richtigstellung des Kilometerstandes im eigentlichen Verkaufsangebot gerade auch gegenüber Mitbewerbern einen relevanten Vorteil.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Keine Täuschung der Verbraucher, wenn sich der Kilometerstand aus der Überschrift des Angebots ergibt
Der Bundesgerichtshof hat die Klage auf die Revision der Beklagten abgewiesen. Zwar liege in dem Angebot des Fahrzeugs in der unrichtigen Rubrik über die Laufleistung eine unwahre Angabe. Im konkreten Fall sei die unzutreffende Einordnung aber nicht geeignet, das Publikum irrezuführen. Die richtige Laufleistung des Fahrzeugs ergebe sich ohne Weiteres bereits aus der Überschrift des Angebots, so dass eine Täuschung von Verbrauchern ausgeschlossen sei.
Andere wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte waren nicht Gegenstand des Rechtsstreits
Die Frage, ob eine Einstellung in eine falsche Rubrik unter anderen Gesichtspunkten - etwa einer unzumutbaren Belästigung der Internetnutzer - wettbewerbsrechtlich unlauter ist, war nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
(tg) - Quelle: PM Nr. 158/2011 des BGH vom 07.10.2011
Zur Sache
Die Parteien handeln mit gebrauchten Kraftfahrzeugen, die sie unter anderem über eine Internethandelsplattform zum Kauf anbieten. Dabei kann der Verkäufer verschiedene Merkmale, beispielsweise den Kilometerstand, zu dem von ihm angebotenen Fahrzeug eingeben. Ein Kaufinteressent kann ebenfalls Kriterien zu dem von ihm gesuchten Fahrzeug auswählen. Zum Kilometerstand kann er "beliebig" oder beispielsweise 5.000 km, 100.000 km oder 125.000 km auswählen.
Die Beklagte inserierte auf einer Internethandelsplattform in der Rubrik "bis 5.000 km" ein Fahrzeug mit folgender fettgedruckter Überschrift: "BMW 320 d Tou.* Gesamt-KM 112.970** ATM- 1.260 KM**". Die Klägerin sah in dem Angebot des Fahrzeugs in einer unzutreffenden Kilometerstandsrubrik eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung des Verkehrs und hat die Beklagte daher auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die Beklagte nehme durch die unzutreffende Kilometerangabe in der Suchrubrik "bis 5.000 km" eine irreführende Handlung vor und verschaffe sich dadurch trotz der Richtigstellung des Kilometerstandes im eigentlichen Verkaufsangebot gerade auch gegenüber Mitbewerbern einen relevanten Vorteil.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Keine Täuschung der Verbraucher, wenn sich der Kilometerstand aus der Überschrift des Angebots ergibt
Der Bundesgerichtshof hat die Klage auf die Revision der Beklagten abgewiesen. Zwar liege in dem Angebot des Fahrzeugs in der unrichtigen Rubrik über die Laufleistung eine unwahre Angabe. Im konkreten Fall sei die unzutreffende Einordnung aber nicht geeignet, das Publikum irrezuführen. Die richtige Laufleistung des Fahrzeugs ergebe sich ohne Weiteres bereits aus der Überschrift des Angebots, so dass eine Täuschung von Verbrauchern ausgeschlossen sei.
Andere wettbewerbsrechtliche Gesichtspunkte waren nicht Gegenstand des Rechtsstreits
Die Frage, ob eine Einstellung in eine falsche Rubrik unter anderen Gesichtspunkten - etwa einer unzumutbaren Belästigung der Internetnutzer - wettbewerbsrechtlich unlauter ist, war nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
(tg) - Quelle: PM Nr. 158/2011 des BGH vom 07.10.2011
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 07.10.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2359
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Online seit: 07.10.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2359
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Was Sie noch interessieren könnte...
Staatsferne der Presse - Verstoß gegen Marktverhaltensregelung durch kostenlose Verteilung eines kommunalen "Stadtblatts"
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 058
Beste Bildqualität - Die Werbung mit einem sehr guten Teilergebnis bei mangelhaftem Gesamtergebnis eines Warentests ist ausnahmsweise nicht irreführend, wenn die Gesamtnote im Testbericht (wegen Produktverbesserung) ausdrücklich relativiert wird
OLG Köln, Urteil vom 24.06.2022 - 6 U 8/22, MIR 2022, Dok. 047
Hohenloher Landschwein - Der Schutz geografischer Herkunftsangaben als Kollektivmarken nach dem MarkenG besteht neben dem Schutz geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen nach VO (EU) Nr. 1151/2012
BGH, Urteil vom 29.07.2021 - I ZR 163/19, MIR 2021, Dok. 078
Ferrari 458 Speciale - Pflicht zur Information über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen eines beworbenen Pkw-Modells besteht unabhängig von dessen Verfügbarkeit
BGH, Urteil vom 01.04.2021 - I ZR 115/20, MIR 2021, Dok. 044
Anforderungen an ein Auslistungsbegehren gegen den Internet-Suchdienst von Google - Relevante und hinreichende Nachweise erforderlich
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 038
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 058
Beste Bildqualität - Die Werbung mit einem sehr guten Teilergebnis bei mangelhaftem Gesamtergebnis eines Warentests ist ausnahmsweise nicht irreführend, wenn die Gesamtnote im Testbericht (wegen Produktverbesserung) ausdrücklich relativiert wird
OLG Köln, Urteil vom 24.06.2022 - 6 U 8/22, MIR 2022, Dok. 047
Hohenloher Landschwein - Der Schutz geografischer Herkunftsangaben als Kollektivmarken nach dem MarkenG besteht neben dem Schutz geografischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen nach VO (EU) Nr. 1151/2012
BGH, Urteil vom 29.07.2021 - I ZR 163/19, MIR 2021, Dok. 078
Ferrari 458 Speciale - Pflicht zur Information über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emissionen eines beworbenen Pkw-Modells besteht unabhängig von dessen Verfügbarkeit
BGH, Urteil vom 01.04.2021 - I ZR 115/20, MIR 2021, Dok. 044
Anforderungen an ein Auslistungsbegehren gegen den Internet-Suchdienst von Google - Relevante und hinreichende Nachweise erforderlich
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 038