Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 05.10.2010 - I ZR 127/09
Kunstausstellung im Online-Archiv - Im Rahmen der Online-Berichterstattung über eine Veranstaltung, bei der urheberrechtlich geschützte Werke wahrnehmbar werden, dürfen Abbildungen dieser Werke nur so lange im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden, wie die Veranstaltung Tagesereignis ist.
UrhG §§ 19a, 50
Leitsätze:*1. Unter einem Tagesereignis im Sinne von § 50 UrhG ist jedes aktuelle Geschehen zu verstehen, das für die Öffentlichkeit von Interesse ist, wobei ein Geschehen so lange aktuell ist, wie ein Bericht darüber von der Öffentlichkeit noch als Gegenwartsberichterstattung empfunden wird (BGH, Urteil vom 11.07.2002 - I ZR 285/99 - Zeitungsbericht als Tagesereignis; BGH, Urteil vom 20.12.2007 - I ZR 42/05, MIR 2008, Dok. 188 - TV-Total).
2. Zur Berichterstattung über ein Ereignis durch Einstellen eines Beitrags ins Internet ist das öffentliche Zugänglichmachen von Werken, die im Verlauf dieses Ereignisses wahrnehmbar werden, nur so lange nach § 50 UrhG in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig, wie das Ereignis, über das berichtet wird, noch als ein Tagesereignis anzusehen ist. Die Aktualität des Ereignisses muss dabei nicht nur zum Zeitpunkt des Einstellen der Artikel in das Online-Archiv gegeben sein, sondern während der gesamten Dauer des Bereithaltens im Internet fortbestehen. Ein Eingriff in das Urheberrecht bedarf insoweit stets so lange einer Rechtfertigung, wie er andauert. Bei der Beurteilung der Aktualität des Ereignisses ist danach zu unterscheiden, ob die beanstandete Verwertungshandlung punktuell oder permanent in Rechte des Urhebers eingreift.
3. Wird im Rahmen der Online-Berichterstattung über eine Veranstaltung berichtet, bei der urheberrechtlich geschützte Werke wahrnehmbar werden (hier: Bericht über eine Ausstellungseröffnung), dürfen Abbildungen dieser Werke nur so lange als Teil dieser Berichterstattung im Internet öffentlich zugänglich gemacht werden, wie die Veranstaltung noch als Tagesereignis angesehen werden kann.
4. § 50 UrhG gestattet allein die Berichterstattung über Tagesereignisse, nicht dagegen die Archivierung eines Berichtes.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 31.03.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2313
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 15.12.2022 - I ZR 173/21, MIR 2023, Dok. 024
Vollständig verdrängt - Kein Anwendungsbereich mehr für § 13 Abs. 1 TMG nach Inkrafttreten der DSGVO
Hanseatisches OLG, Hinweisbeschluss vom 10.12.2019 - 15 U 90/19, MIR 2020, Dok. 015
Erstattung von Verlusten bei verbotenen Online-Pokerspielen durch den Veranstalter? - Aussetzung des Revisionsverfahrens bis zu einer Entscheidung des EuGH
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 005
Datenschutzrechtliche Ansprüche - Mehrere Fragen zum Bestehen eines unionsrechtlichen Unterlassungsanspruchs und zum Begriff des immateriellen Schadens nach der DSGVO dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 063
Rundfunkübertragung in Ferienwohnungen - Zum Eingriff in das ausschließliche Recht zur öffentlichen Wiedergabe von Urhebern, Sendeunternehmen und Filmherstellern durch den Betreiber von Ferienwohnungen
BGH, Urteil vom 18.06.2020 - I ZR 171/19, MIR 2020, Dok. 076