Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Internet-Preisvergleichsplattform für Zahnärzte verstößt nicht gegen zahnärztliches Berufsrecht und ist nicht wettbewerbswidrig.
BGH, Urteil vom 01.12.2010 - I ZR 55/08 - Zahnarztpreisvergleich; Vorinstanzen: OLG München, Urteil vom 13.03.2008 - 6 U 1623/07; LG München I, Urteil vom 15.11.2006 - 1 HKO 7890/06 – M
MIR 2010, Dok. 169, Rz. 1
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Eine Internet-Preisvergleichsplattform für zahnärztliche Leistungen, die es dem Nutzer ermöglicht Heil- und Kostenpläne von Zahnärzten durch andere Zahnärzte mit der Bitte um Prüfung zuzuleiten, ob diese die betreffende Behandlung kostengünstiger durchführen können, verstößt nicht gegen zahnärztliches Berufsrecht und ist nicht wettbewerbswidrig. Dies entschied der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 01.12.2010 (I ZR 55/08).
Zur Sache
Die Beklagte betreibt eine Internetplattform, auf der Patienten den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes einstellen und alsdann andere Zahnärzte innerhalb einer bestimmten Zeit eine alternative eigene Kostenschätzung abgeben können. Dem Patienten werden sodann die fünf preisgünstigsten Kostenschätzungen ohne Angabe der Namen und Adressen der Zahnärzte mitgeteilt. Sofern er sich für eine der Kostenschätzungen entscheidet, übermittelt die Beklagte die jeweiligen Kontaktdaten an beide Seiten. Wenn daraufhin ein Behandlungsvertrag mit diesem Zahnarzt zustande kommt, erhält die Beklagte von dem Zahnarzt ein Entgelt in Höhe von 20% des mit dem Patienten vereinbarten Honorars. Nach der Behandlung geben die Patienten auf der Plattform der Beklagten eine Beurteilung des ihnen vermittelten Zahnarztes ab, in der sie insbesondere angeben können, ob sich der betreffende Zahnarzt an seine Kostenschätzung gehalten hat.
Die Kläger, zwei in Bayern tätige Zahnärzte, sind der Ansicht, dass die Beklagte die an ihrem Geschäftsmodell teilnehmenden Zahnärzte zu Verstößen gegen Vorschriften in der Berufsordnung für die bayerischen Zahnärzte und damit auch zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten verleitet. Das Landgericht München I und das OLG München haben der gegen die Beklagte erhobenen Unterlassungsklage stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat diese Urteile nun aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Entscheidung des BGH: Kein Verstoß gegen Vorschriften der Berufordnung
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Zahnarzt, auf den ein Patient mit einem von einem anderen Zahnarzt erstellten Heil- und Kostenplan und der Bitte um Prüfung zukommt, ob er die Behandlung kostengünstiger durchführen kann, eine alternative Kostenberechnung vornimmt und, sofern sich der Patient daraufhin zu einem Zahnarztwechsel entschließt, auch dessen Behandlung übernimmt. Das beanstandete Geschäftsmodell der Beklagten erleichtere ein solches Vorgehen und ermögliche es dem Patienten, weitergehende Informationen zu den Behandlungskosten zu erhalten, so das Gericht.
Vergleichsplattform dient Patienteninteressen
In diesem Sinne diene das Verhalten der Zahnärzte, die sich durch die Abgabe von Kostenschätzungen am Geschäftsmodell der Beklagten beteiligen, den Interessen der anfragenden Patienten. Dementsprechend könne in einem solchen Verhalten nicht zugleich ein dem Grundsatz der Kollegialität zuwiderlaufendes und deshalb berufsunwürdiges Verdrängen von anderen Zahnärzten aus ihrer Behandlungstätigkeit gesehen werden.
Keine Zuweisung von Patienten gegen Entgelt
Ebenfalls liege in dem Umstand, dass die Zahnärzte der Beklagten für jeden über die Plattform vermittelten Patienten - mit dem ein Behandlungsvertrag zustande kommt - ein Entgelt zahlen auch kein Verstoß gegen die Bestimmung der Berufordnung vor, die es Zahnärzten verwehrt, für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt zu gewähren. Die Leistung der Beklagten bestehe nicht in der Zuweisung von Patienten, sondern im Betrieb ihrer Internetplattform, über die Patienten und Zahnärzte miteinander in Kontakt kommen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 230/2010 des BGH vom 01.12.2010
Zur Sache
Die Beklagte betreibt eine Internetplattform, auf der Patienten den Heil- und Kostenplan ihres Zahnarztes einstellen und alsdann andere Zahnärzte innerhalb einer bestimmten Zeit eine alternative eigene Kostenschätzung abgeben können. Dem Patienten werden sodann die fünf preisgünstigsten Kostenschätzungen ohne Angabe der Namen und Adressen der Zahnärzte mitgeteilt. Sofern er sich für eine der Kostenschätzungen entscheidet, übermittelt die Beklagte die jeweiligen Kontaktdaten an beide Seiten. Wenn daraufhin ein Behandlungsvertrag mit diesem Zahnarzt zustande kommt, erhält die Beklagte von dem Zahnarzt ein Entgelt in Höhe von 20% des mit dem Patienten vereinbarten Honorars. Nach der Behandlung geben die Patienten auf der Plattform der Beklagten eine Beurteilung des ihnen vermittelten Zahnarztes ab, in der sie insbesondere angeben können, ob sich der betreffende Zahnarzt an seine Kostenschätzung gehalten hat.
Die Kläger, zwei in Bayern tätige Zahnärzte, sind der Ansicht, dass die Beklagte die an ihrem Geschäftsmodell teilnehmenden Zahnärzte zu Verstößen gegen Vorschriften in der Berufsordnung für die bayerischen Zahnärzte und damit auch zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten verleitet. Das Landgericht München I und das OLG München haben der gegen die Beklagte erhobenen Unterlassungsklage stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat diese Urteile nun aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Entscheidung des BGH: Kein Verstoß gegen Vorschriften der Berufordnung
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist es nicht zu beanstanden, wenn ein Zahnarzt, auf den ein Patient mit einem von einem anderen Zahnarzt erstellten Heil- und Kostenplan und der Bitte um Prüfung zukommt, ob er die Behandlung kostengünstiger durchführen kann, eine alternative Kostenberechnung vornimmt und, sofern sich der Patient daraufhin zu einem Zahnarztwechsel entschließt, auch dessen Behandlung übernimmt. Das beanstandete Geschäftsmodell der Beklagten erleichtere ein solches Vorgehen und ermögliche es dem Patienten, weitergehende Informationen zu den Behandlungskosten zu erhalten, so das Gericht.
Vergleichsplattform dient Patienteninteressen
In diesem Sinne diene das Verhalten der Zahnärzte, die sich durch die Abgabe von Kostenschätzungen am Geschäftsmodell der Beklagten beteiligen, den Interessen der anfragenden Patienten. Dementsprechend könne in einem solchen Verhalten nicht zugleich ein dem Grundsatz der Kollegialität zuwiderlaufendes und deshalb berufsunwürdiges Verdrängen von anderen Zahnärzten aus ihrer Behandlungstätigkeit gesehen werden.
Keine Zuweisung von Patienten gegen Entgelt
Ebenfalls liege in dem Umstand, dass die Zahnärzte der Beklagten für jeden über die Plattform vermittelten Patienten - mit dem ein Behandlungsvertrag zustande kommt - ein Entgelt zahlen auch kein Verstoß gegen die Bestimmung der Berufordnung vor, die es Zahnärzten verwehrt, für die Zuweisung von Patienten ein Entgelt zu gewähren. Die Leistung der Beklagten bestehe nicht in der Zuweisung von Patienten, sondern im Betrieb ihrer Internetplattform, über die Patienten und Zahnärzte miteinander in Kontakt kommen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 230/2010 des BGH vom 01.12.2010
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 01.12.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2269
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