Kurz notiert
Bundeskartellamt
Bundeskartellamt untersagt Fusion Springer/ProSiebenSat.1
Das Bundeskartellamt hat den Zusammenschluss der Axel Springer AG („Springer“) mit der Pro-SiebenSat.1 Media AG („ProSiebenSat.1“) untersagt. Nach Kartellamtspräsident Böge würde der Zusammenschluss auf dem Fernsehwerbemarkt, dem Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen sowie dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen zu einer nach dem Kartellrecht nicht genehmigungsfähigen Marktmacht führen.
Auf dem Fernsehwerbemarkt verfügen nach den Feststellungen des Bundeskartellamts ProSieben-Sat.1 und die zu Bertelsmann gehörende RTL-Sendergruppe mit einem seit Jahren konstanten Marktanteil von jeweils ca. 40 % über eine gemeinsame marktbeherrschende Position, ein sog. „wettbewerbsloses Duopol“ ohne wesentlichen Wettbewerb durch Außenseiter.
Auf dem bundesweit abzugrenzenden Lesermarkt für Straßenverkaufszeitungen würde der Zusammenschluss zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von Springer führen. Der Verlag hat auf diesem Markt mit der BILD – Zeitung einen Marktanteil von ca. 80 %. Durch den Zusammenschluss erhielte Springer die Möglichkeit, die Stellung der BILD durch werbliche und publizistische medienübergreifende Unterstützung (crossmediale Promotion) weiter abzusichern und damit zu verstärken.
Schließlich würde der Zusammenschluss auch zu einer Verstärkung der Marktstellung von Springer auf dem bundesweiten Anzeigenmarkt für Zeitungen führen. Dem Springer-Verlag kommt hier mit BILD und Welt bereits heute eine überragende Marktstellung mit rund 40 % Marktanteil zu. Springer erhielte durch die Fusion die Möglichkeit, Werbekampagnen für Produkte abgestimmt über mehrere Medien aus einer Hand anbieten zu können und so crossmediale Werbekampagnen für Dritte zu schalten. Dies würde die marktbeherrschende Stellung von Springer auf dem Anzeigenmarkt für Zeitungen weiter absichern.
Die Zusammenschlussbeteiligten hatten im Laufe des Verfahrens eine Reihe von Auflagenvorschlägen gemacht, um eine kartellrechtliche Freigabe zu erreichen, die aber im Ergebnis dennoch zu einer Verstärkung – wenn auch einer geringeren – des Duopols geführt hätten.
Kurz vor Ablauf der Prüfungsfrist hatte Springer schließlich den Vorschlag in das Fusionsverfahren eingebracht, den Sender ProSieben zu veräußern. Das Bundeskartellamt hatte diesen Vorschlag unter der Voraussetzung akzeptiert, dass ProSieben vor Vollzug des Zusammenschlusses veräußert und der Sender aus der Werbezeitenvermarktung durch die SevenOne Media – einer ProSiebenSat.1-Tochter – herausgelöst werde um eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen zu erreichen. Nur vier Tage, nachdem Springer den Verkauf von ProSieben angeboten hatte, nahm der Verlag diesen Vorschlag wieder zurück, da eine verlagsinterne Prüfung zum Ergebnis geführt hatte, dass ein Verkauf des Senders ProSieben vor Vollzug der Übernahme nicht in Betracht komme. Dies wäre aber seitens des Bundeskartellamtes Bedingung für eine Bewilligung gewesen.
Einem Bericht der FAZ.net vom 23.01.2006 nach, wird der Springer Verlag nun mögliche „zur Verfügung stehenden Rechtsmittel und Optionen prüfen“, so u.a. eine Sondergenehmigung (Ministererlaubnis) bei Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) oder eine ggf. parallel mögliche gerichtliche Anfechtung.
MIR 2006, Dok. 011
Online seit: 24.01.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/226
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