Rechtsprechung
KG Berlin, Urteil vom 11.05.2010 - 5 U 64/09
Vollstreckungsverzicht - Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG kann wiederlegt sein, wenn ein Antragssteller ohne besonderen Grund bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens auf jegliche Vollstreckung aus einer erstrittenen einstweiligen Verfügung zu verzichtet.
UWG § 12 Abs. 2; ZPO §§ 935, 940
Leitsätze:*1. Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist widerlegt, wenn der Antragsteller nach
Erlass der Beschlussverfügung und deren Vollziehung in Kenntnis der Fortsetzung des untersagten Verhaltens keinen Vollstreckungsantrag stellt, um das sich aus § 945 ZPO ergebende Kostenrisiko zu vermeiden (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 25.03.2010 - 6 U 219/09 - Whiskey-Cola). Ebenso beseitigt ein bald nach Erlass einer einstweiligen Verfügung von dem Gläubiger im Hinblick auf Vergleichsverhandlungen erklärtes Einverständnis, "bis zu einer Entscheidung des Verfügungsverfahrens" auf die Zwangsvollstreckung aus dem Titel zu verzichten, die Dringlichkeitsvermutung jedenfalls dann, wenn in den nachfolgenden Monaten konkrete und mit zeitlichen Limits zur Beantwortung versehene Vorschläge zur Beilegung des Rechtsstreits nicht unterbreitet werden (OLG Köln Magazindienst 2010, 532).
2. Erklärt ein Antragssteller ohne besonderen Grund bis zum Abschluss des - gerade erst
eingeleiteten - Berufungsverfahrens auf jegliche Vollstreckung aus einer erstrittenen einstweiligen Verfügung - generell und einschränkungslos - zu verzichten, kann dies die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG widerlegen. Mit einem solchen Verzicht zeigt ein Antragsteller vielmehr objektiv, dass es ihm mit der Durchsetzung der geltend gemachten Rechte (hier: Unterlassung, Auskunft, Herausgabe) überhaupt nicht (mehr) eilig ist.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 28.10.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2252
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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