Rechtsprechung
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 05.08.2010 - 6 U 89/09
Erwerb eines Unternehmenskennzeichens durch Domainregistrierung? - Der Beginn der schutzrechtsbegründenden Benutzung einer mit einem Domainnamen übereinstimmenden Geschäftsbezeichnung kann noch nicht in der Registrierung der Domain gesehen werden.
MarkenG §§ 5, 15, BGB § 12
Leitsätze:*1. Grundsätzlich kann durch die Benutzung eines Domainnamens ein entsprechendes Unternehmenskennzeichen bzw. Kennzeichenrecht nach § 5 MarkenG erworben werden (BGH, Urteil vom 22.07.2004 - Az. I ZR 135/ 01 - soco. de; BGH, Urteil vom 24.02.2005 - Az. I ZR 161/ 02 - Seicom; BGH, Urteil vom 24.04.2008 - Az. I ZR 159/05, MIR 2008, Dok. 310 - afilias.de;
BGH, Urteil vom 18.06.2009 - Az. I ZR 47/07, MIR 2009, Dok. 252 - EIFEL-ZEITUNG). Hierbei kann der Beginn der schutzrechtsbegründenden Benutzung einer mit dem Domainnamen übereinstimmenden Geschäftsbezeichnung aber noch nicht in der Registrierung der Domain gesehen (vgl. hierzu auch: BGH, Urteil vom 14.05.2009 - Az. I ZR 231/06, MIR 2009, Dok. 201 - airdsl) und der Zeitpunkt der Schutzrechtsentstehung bereits auf diesen Zeitpunkt vorverlagert werden. Dies gilt auch dann, wenn die Benutzung der Domain der Registrierung alsbald nachfolgt.
2. Soweit der Schutz aus §§ 5, 15 MarkenG grundsätzlich in seinem Anwendungsbereich dem Namensschutz nach § 12 BGB vorgeht, kann ein ergänzender Schutz aus § 12 BGB für Unternehmenskennzeichen jedoch insoweit bestehen, als § 15 MarkenG keinen Schutz bietet, weil es um eine Verwendung der betreffenden Bezeichnung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs oder außerhalb der betreffenden Branche geht (vgl. BGH, Urteil vom 09.09. 2004 - Az. I ZR 65/ 02 - mho). Voraussetzung ist insofern eine drohende Beeinträchtigung geschäftlicher Interessen; namentlich etwa der Ausschluss des Namensträgers von dem entsprechenden, geschäftlich relevanten, Namensgebrauch wegen einer Domainregistrierung durch einen Nichtberechtigten. Im Rahmen der bei Anwendung von § 12 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung verdient allerdings in der Regel der bisherige Domaininhaber den Vorzug, wenn die Domain registriert wurde bevor das Namensrecht des Prätendenten entstanden ist (BGH, Urteil vom 24.04.2008 - Az. I ZR 159/05, MIR 2008, Dok. 310 - afilias.de). Dies kann jedoch anders zu beurteilen sein, wenn es dem Prätendenten nicht möglich und zumutbar ist, auf eine andere Unternehmensbezeichnung auszuweichen und ein schutzwürdiges Interesse des bisherigen Domaininhabers an der (weiteren) Benutzung der Domain nicht vorliegt (hier: beides bejaht).
3. Ein Unternehmenskennzeichen kann - dem Akzessoritätsprinzip folgend - nur zusammen mit dem Geschäftsbetrieb prioritätserhaltend übertragen werden.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 26.09.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2236
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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