Rechtsprechung
LG Schweinfurt, Beschluss vom 09.07.2010 - 24 S 42/10
Kündigung eines "Internet-System-Vertrags" - Das Kündigungsrecht nach § 649 BGB kann bei längerfristigen Verträgen nicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beschränkt werden.
BGB § 307 Abs. 2 Ziff. 1, §§ 631 ff., § 649
Leitsätze:*1. Ein so genannter "Internet-System-Vertrag", der die auf einen bestimmten Zeitraum festgelegte Gewährleistung der Abrufbarkeit einer von dem Unternehmer für seinen Kunden erstellten und betreuten Webseite im Internet und somit nicht das schlichte Tätigwerden des Unternehmers als solches, sondern die Herbeiführung eines Erfolges als Ergebnis seiner Tätigkeit zum Gegenstand hat, ist als Werkvertrag im Sinne von §§ 631 ff. BGB einzuordnen (im Anschluss an: BGH, Urteil vom 04.03.2010 - Az. III ZR 79/09,
MIR 2010, Dok. 050 - Internet-System-Vertrag).
2. Soweit der Kunde bei einem so genannten "Internet-System-Vertrag" ein monatliches Entgelt
zu entrichten hat, der Vertrag auf eine bestimmte Zeitdauer angelegt ist (hier: 48 Monate) und damit Züge eines "Dauerschuldverhältnisses" aufweist, steht dies einer Einordnung als Werkvertrag im Sinne von §§ 631 ff. BGB nicht entgegen (mit Verweis auf:
BGH, Urteil vom 04.03.2010 - Az. III ZR 79/09, MIR 2010, Dok. 050 - Internet-System-Vertrag).
3. Das Kündigungsrecht nach § 649 BGB kann bei längerfristigen Verträgen nicht in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen beschränkt werden (mit Verweis auf: BGH, Urteil vom 08.07.1999 - AZ. VII ZR 237/98).
4. Für die widerlegbare Vermutung des § 649 Satz 3 BGB ist kein Raum, wenn mangels Vorbringen
des Unternehmers davon auszugehen ist, dass dieser alle Aufwendungen im Zusammenhang mit der
vertraglich versprochenen Leistung erspart hat.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 24.08.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2221
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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