Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 21.01.2010 - 4 U 168/09
Keine Beobachtungs- und Untersuchungspflicht des Abmahnenden - Wer auf dem Internetauftritt eines Mitbewerbers einen Wettbewerbsverstoß feststellt und diesen verfolgt, ist ohne Weiteres nicht gehalten, den betreffenden Internetauftritt auf weitere Wettbewerbsverstöße anderer Art hin zu überprüfen, um diese gleich mit abzumahnen.
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 4, § 12 Abs. 2; BGB § 312c Abs. 1 Satz 1, § 312d Abs. 2, § 355; Anlage 2 zu BGB-InfoV § 14
Leitsätze:*1. Wer auf dem Internetauftritt eines Mitbewerbers einen Wettbewerbsverstoß feststellt und diesen verfolgt (hier: Verstoß gegen die EnVKV), ist ohne Weiteres nicht gehalten, den betreffenden Internetauftritt auf weitere denkbare Wettbewerbsverstöße völlig anderer Art hin zu überprüfen (hier: im Rahmen der Widerrufsbelehrung bzw. im Bereich der allgemeinen
Informationspflichten) um diese gleich mit abzumahnen.
Eine Beobachtungs- und Untersuchungspflicht besteht insoweit nicht. Wird ein bereits vorliegender - andersartiger - Verstoß zunächst nicht entdeckt und im Wege einer (ersten) wettbewerbsrechtlichen Abmahnung verfolgt, ist der Abmahnende nicht gehindert, einen solchen Verstoß später erneut abzumahnen, wenn er diesen - erstmals - im Rahmen der Kontrolle des weiteren Verhaltens des Mitbewerbers feststellt.
Ein solches Vorgehen stellt sich regelmäßig auch nicht wegen einer "scheibchenweisen Verfolgung" unterschiedlicher Wettbewerbsverstöße als missbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG dar.
2. In einem solchen Fall kommt es für die Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung nach § 12 Abs. 2 UWG nur auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Kenntnisnahme des weiteren Verstoßes an. Dies gilt jedenfalls soweit kein Fall grob fahrlässiger Unkenntnis anzunehmen ist.
3. Wird unvollständig über das Widerrufsrecht informiert und dabei ein unzutreffender Eindruck erweckt (hier: über den Beginn der Widerrufsfrist), beeinflusst dies das Verbraucherverhalten spürbar im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG. Die richtige Belehrung über die Widerrufsfrist betrifft elementare Verbraucherrechte und kann keine Bagatelle darstellen.
4. Eine Drittunterwerfung kann im Hinblick auf einen anhängigen Verfügungsantrag ein erledigendes Ereignis darstellen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 09.04.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2153
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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