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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

RadarwarngerÀt - Dem Verbraucher steht im Fernabsatz auch bei einem sittenwidrigen Kaufvertrag ein Widerrufsrecht zu.

BGH, Urteil vom 25.11.2009 - Az. VIII ZR 318/08; Vorinstanzen: AG Leer, Urteil vom 28.04.2008 - Az. 071 C 130/08 (I); LG Aurich, Urteil vom 21.11.2008 - Az. 1 S 140/08 (138)

MIR 2009, Dok. 240, Rz. 1


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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25.11.2009 (Az. VIII ZR 318/08) entschieden, dass dem Verbraucher bei einem FernabsatzgeschĂ€ft ein Widerrufsrecht auch dann zusteht, wenn der gegenstĂ€ndliche Kaufvertrag (hier: ĂŒber ein RadarwarngerĂ€t) wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist.

Zur Sache

Nach einem telefonischen WerbegesprĂ€ch vom 01.05.2007 bestellte die KlĂ€gerin am darauf folgenden Tag per Fax einen Pkw-Innenspiegel mit einer unter anderem fĂŒr Deutschland codierten Radarwarnfunktion zum Preis von EUR 1.129,31 zuzĂŒglich Versandkosten. Der von KlĂ€gerin ausgefĂŒllte Bestellschein enthĂ€lt unter anderem den vorformulierten Hinweis:

"Ich wurde darĂŒber belehrt, dass die GerĂ€te verboten sind und die Gerichte den Kauf von RadarwarngerĂ€ten zudem als sittenwidrig betrachten."

Die Lieferung des GerĂ€tes erfolgte per Nachnahme am 09.05.2007. Die KlĂ€gerin sandte am 19.05.2007 das GerĂ€t an die Beklagte zurĂŒck und bat um Erstattung des Kaufpreises. Die Beklagte verweigerte die Annahme des GerĂ€tes und die RĂŒckzahlung des Kaufpreises.

Die KlĂ€gerin begehrt unter anderem die Verurteilung der Beklagten zur RĂŒckzahlung des Kaufpreises zuzĂŒglich EUR 8,70 RĂŒcksendungskosten, insgesamt also EUR 1.138,01. WĂ€hrend das Amtsgericht die Klage abgewiesen hatte, gab das Berufungsgericht der KlĂ€gerin Recht. Die zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Anspruch der KlĂ€gerin auf RĂŒckabwicklung nach erfolgtem Widerruf trotz Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die KlĂ€gerin als Verbraucherin aufgrund des ausgeĂŒbten Widerrufs Anspruch auf RĂŒckabwicklung des Kaufvertrags hat. Sie kann die RĂŒckzahlung des Kaufpreises (§ 346 BGB) und Erstattung der Kosten fĂŒr die RĂŒcksendung des GerĂ€tes verlangen (§ 357 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Widerrufsrecht des Verbrauchers wird von der Sittenwidrigkeit des Kaufvertrags nicht berĂŒhrt

Zwar sei der Kaufvertrag ĂŒber den Erwerb eines RadarwarngerĂ€ts sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn der Kauf nach dem fĂŒr beide Seiten erkennbaren Vertragszweck auf eine Verwendung des RadarwarngerĂ€ts im Geltungsbereich der deutschen Straßenverkehrsordnung gerichtet ist (BGH Urteil vom 23.02.2005 - Az. VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490 f.). Das Recht der KlĂ€gerin, sich von dem Fernabsatzvertrag zu lösen, werde davon jedoch nicht berĂŒhrt. Ein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB beim Fernabsatzvertrag ist unabhĂ€ngig davon gegeben, ob die WillenserklĂ€rung des Verbrauchers oder der Vertrag wirksam ist. Der Sinn des Widerrufsrechts beim Fernabsatzvertrag bestehe darin, dem Verbraucher ein an keine materiellen Voraussetzungen gebundenes, einfach auszuĂŒbendes Recht zur einseitigen Lösung vom Vertrag in die Hand zu geben, das neben den allgemeinen Rechten besteht, die jedem zustehen, der einen Vertrag schließt.

Kein Ausschluss des Widerrufsrecht wegen unzulĂ€ssiger RechtsausĂŒbung bei beiderseitigem Verstoß gegen die guten Sitten

Der Verbraucher könne sich zudem auch dann auf sein Widerrufsrecht berufen, wenn er den die Vertragsnichtigkeit nach §§ 134, 138 BGB begrĂŒndenden Umstand jedenfalls teilweise selbst zu vertreten habe. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen unzulĂ€ssiger RechtsausĂŒbung könne nur bei besonderer SchutzbedĂŒrftigkeit des Unternehmers in Betracht kommen. Daran fehle es jedoch, wenn – wie hier – beiden Parteien ein Verstoß gegen die guten Sitten zur Last fĂ€llt.

Abgrenzung zur Entscheidung vom 23.02.2005 (Az. VIII ZR 129/04): Kondiktonssperre gilt nicht fĂŒr den RĂŒckzahlungsanspruch nach § 346 BGB

Der entschiedene Fall unterscheide sich schließlich von der Konstellation, die dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.02.2005 (Az. VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490) zugrunde lag. Dort konnte der KĂ€ufer, der ein Widerrufsrecht nach § 312d BGB nicht geltend gemacht hatte, die RĂŒckzahlung des Kaufpreises fĂŒr ein RadarwarngerĂ€t nicht verlangen, weil der dort zu beurteilende Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) an der Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB scheiterte. Nach dieser Bestimmung ist die RĂŒckforderung einer zur ErfĂŒllung eines wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Vertrages erbrachten Leistung ausgeschlossen, wenn beiden Parteien ein Sittenverstoß zur Last fĂ€llt. FĂŒr den dem Verbraucher im Falle des Widerrufs eines FernabsatzgeschĂ€fts zustehenden KaufpreisrĂŒckzahlungsanspruch aus § 346 BGB gilt diese Kondiktionssperre nicht.

(tg) - Quelle: PM Nr. 241/2009 des BGH vom 25.11.2009

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 26.11.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2082
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