Rechtsprechung
EuG, Urteil vom 30.09.2009 - T-75/08
JOOP! - Zur Eintragungsfähigkeit eines einfachen Ausrufezeichens als Gemeinschaftsmarke.
Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c, Abs. 3; nunmehr: Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und c, Abs. 3
Leitsätze:*1. Einer Marke, die nur aus einem Satzzeichen (hier: Ausrufezeichen) besteht, kommt grundsätzlich keine originäre Unterscheidungskraft zu.
Eine solche Marke kann regelmäßig nicht als geeignet angesehen werden, die betriebliche Herkunft der Waren, die sie kennzeichnet,
zu identifizieren und damit die wesentliche Funktion einer Marke zu erfüllen.
2. Ein Zeichen, dass andere Funktionen als die einer Marke im herkömmlichen Sinne erfüllt (hier: Ausrufezeichen), ist nur dann
unterscheidungskräftig, wenn es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen
wahrgenommen werden kann und zwar so, dass die maßgebenden Verkehrskreise die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers ohne
Verwechslungsgefahr von denen andere betrieblicher Herkunft unterscheiden können.
3. Die absoluten Eintragungshindernisse nach Art. 7 Abs. 1 Buchstabe b und c der Verordnung (EG) Nr. 40/94 stehen der Eintragung
einer Gemeinschaftsmarke nicht entgegen, wenn diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird,
infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat (Art. 7 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 40/94). Dies erfordert jedoch,
dass zumindest ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise (hier: die Verbraucher aller Mitgliedstaaten) die betreffenden
Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt und den Nachweis, das diese
Unterscheidungskraft der Marke durch die Benutzung vor ihrem Anmeldetag erlangt wurde.
4. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens infolge Benutzung im Sinne von Art. 7 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40/94
sind Faktoren wie u.a. der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung,
der Werbeaufwand für die Marke, der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen
stammend erkennt, sowie auch Erklärungen von Industrie- und Handelskammern und Berufsverbänden zu berücksichtigen.
5. Grundsätzlich ist nicht auszuschließen, dass eine Marke (hier: "!") im Rahmen ihrer Benutzung als Teil einer Hauptmarke (hier: "JOOP!")
Unterscheidungskraft erwirbt. Der Erwerb von Unterscheidungskraft kann sich insoweit sowohl aus der Benutzung des Teils einer eingetragenen Marke
als deren Bestandteil als auch aus der Benutzung einer anderen Marke in Verbindung mit einer eingetragenen Marke ergeben.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 01.10.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2039
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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