Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 16.06.2009 - 4 U 51/09
Erfüllung fernabsatzrechtlicher Informationspflichten bei mobilen Internetangeboten - Der Verzicht auf die Mitteilung der Widerrufsbelehrung kann nicht mit einem angeblichen Platzmangel (hier: im Rahmen der Darstellung einer Internetplattform für mobile Endgeräte) begründet werden.
BGB § 312c; BGB-InfoV § 1 Abs. 1 Nr. 10; PAngV § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2; UWG §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1, Abs. 3
Leitsätze:*1. Fehlt in einem (mobilen) Internetangebot für Fernabsatzgeschäfte die Darstellung der Widerrufsbelehrung, ist dies wettbewerbsrechtlich
nicht lediglich als Bagatelle im Sinne von § 3 UWG a.F. und n.F. anzusehen. Bei der Widerrufsbelehrung handelt es sich insoweit um
grundlegende Verbraucherinformationen. Diese Informationen müssen in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel
entsprechenden Weise klar und verständlich zur Verfügung gestellt werden.
2. Der Verzicht auf die Mitteilung der Widerrufsbelehrung kann nicht mit einem angeblichen Platzmangel (hier: im Rahmen der
Darstellung einer Internetplattform für mobile Endgeräte) begründet werden. Der bloße pauschale Hinweis nebst Link, die
vollständige Darstellung des Angebots mit allen Details und allen Informationen sei unter einer anderen Internetadresse
abrufbar, reicht insoweit als Belehrung und zur Erfüllung der fernabsatzrechtlichen Informationspflichten nicht aus.
3. Einem Hinweis wie "HINWEIS: Diese Seite stellt das Angebot nicht vollständig dar. Um das Angebot mit allen Details zu sehen,
gehen Sie bitte zu LINK um sich vollständig zu informieren bevor Sie ein Gebot abgeben oder einen Artikel kaufen." entnimmt
der Verbraucher nicht, dass unter der angegebenen Internetadresse auch Informationen zu Rechten des Käufers und insbesondere eine
Widerrufsbelehrung hinterlegt sind. Von einem "sprechenden Link" kann insofern nicht die Rede sein.
4. Im Rahmen von Internetangeboten für Fernabsatzgeschäfte hat die Angabe gegebenenfalls anfallender (Liefer- und) Versandkosten vor Einleitung
des Bestellvorgangs zu erfolgen. Jede dahingehende Information, die erst nachträglich aufgerufen werden kann, kommt zu spät (mit Verweis auf
BGH, Urteil vom 04.10.2007 - Az. I ZR 143/04, MIR 2007, Dok. 412 - Versandkosten).
5. Fehlt bei einem Internetangebot für Fernabsatzgeschäfte gegenüber Letztverbrauchern die Angabe der Umsatzsteuer vollständig, kann ein Wettbewerbsverstoß vorliegen, der im Hinblick auf den Schutz der Verbraucherinteressen auch keinen Bagatellfall darstellt.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 01.09.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2014
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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