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Kurz notiert



Oberlandesgericht Karlsruhe

Tätlicher Angriff auf Trainer, Sperre, Geldstrafe - Zur Zulässigkeit der Veröffentlichung von Sperren und Diziplinarstrafen unter Namensnennung des Betroffenen auf der Internetseite eines Sportverbandes

OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.01.2009 - Az. 14 U 131/08

MIR 2009, Dok. 024, Rz. 1


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Zur Sache

Der Kläger ist Mitglied eines in Südbaden ansässigen Sportvereins und Betreuer von dessen 2. Bundesligamannschaft. Im Rahmen eines Spieles einer Mannschaft des Vereins in der Jugendliga verletzte sich ein Vereinsspieler und es kam zwischen dem Kläger - der sich um den Spieler kümmern wollte - und dem Trainer der gegnerischen Mannschaft zu einer verbalen Auseinandersetzung. In deren Verlauf versetzte der Kläger dem Trainer eine Ohrfeige. Der Disziplinarausschuss des zuständigen Sportverbandes verhängte gegen den Kläger daraufhin wegen der Tätlichkeit eine Geldstrafe von EUR 100,00 und sperrte ihn für die Ausübung einer offiziellen Tätigkeit unter anderem innerhalb Baden-Württembergs bis zum 30.04.2009. Auf der Internetseite des Verbandes, in welcher auch eine Liste der verhängten Spielsperren veröffentlicht ist, wurde unter namentlicher Erwähnung des Klägers der Eintrag aufgenommen:

"14.04.2008 ... Jugendliga Tätlicher Angriff auf Trainer der Gästemannschaft Sperre bis zum 30.04.2009 (für die Ausübung offizieller Tätigkeiten) + Geldstrafe"

Die Veröffentlichung solcher Strafübersichten - auch im Internet - ist in der dortigen Wettkampfordnung ausdrücklich vorgesehen.

Der Kläger hält die Veröffentlichung seiner Sperre und Strafe für unzulässig und nimmt den Sportverband auf Unterlassung in Anspruch. Er habe den Eintrag im Internet am 18.04.2008 bei einer Recherche auf einer Internetsuchmaschine entdeckt. Dieser stelle einen rechtswidrigen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, weil dort sein Name in Verbindung mit seinem Heimatverein genannt werde, so dass er identifizierbar sei. Eine solche Berichterstattung sei nicht zulässig, weil die Ursache der Sperre nicht in der Öffentlichkeit breitgetreten werden dürfe.

Der beklagte Verband machte demgegenüber geltend, dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch zu, weil er in die Datenverwendung auf der Website nach Maßgabe der Verbandsatzung eingewilligt habe. Außerdem liege keine rechtswidrige Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor, weil der Verband seinen Mitgliedern und Teilnehmern umfassende Informationen über die Vorkommnisse in den Ligen geben und über bestehende Spielsperren informieren müsse.

Das Landgericht Freiburg hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Urteil vom 16.09.2008 zurückgewiesen. Auch die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des OLG Karlsruhe: Die Veröffentlichung der Sperre und Disziplinarstrafe stellt keine rechtswidrige Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts dar

Die Auslegung oder Veröffentlichung einer Namensliste unterfalle grundsätzlich dem Schutzbereich des Grundrechts der Meinungsfreiheit.

Werturteil oder Tatsachenbehauptung - Wahre Angaben müssen in der Regel auch hingenommen werden, wenn sie nachteilig sind

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hänge die Zulässigkeit einer Äußerung im Konflikt zwischen Meinungsfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht wesentlich davon ab, ob es sich um ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung handele. Im vorliegenden Fall gehe es um eine der Wahrheit entsprechende Tatsachenbehauptung. Wahre Angaben müssten aber in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind.

Wichtige Informationen: Sperren und Disziplinarstrafen sind nicht nur vereinsintern von Bedeutung

Dass die von dem Disziplinarausschuss des Verbandes verhängten Sanktionen nicht nur die Betroffenen und ihren jeweiligen Verein, sondern auch andere Vereine und am Spielgeschehen in den Ligen Beteiligte angehen und ihnen deshalb eine Möglichkeit gegeben werden müsse, sich über aktuelle Sperren zu informieren, liege auf der Hand. Eine Veröffentlichung auf der Homepage sei dabei die praktikabelste Möglichkeit, über die jeweils aktuellen Sperren zu informieren.

Keine besondere Breitenwirkung: Eine erhebliche Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers ist hier nicht erkennbar

Es sei nicht erkennbar, dass die Veröffentlichung geeignet gewesen sei, dem Kläger einen erheblichen Persönlichkeitsschaden zuzufügen, da eine solche - anders als eine Berichterstattung in der Presse oder gar im Fernsehen - keine besondere Breitenwirkung entfalte. Es erhielten nämlich nur solche Personen Informationen über den Kläger, die von sich aus aktiv wurden, die Website aufriefen und sich über mehrere Links zu den Spielsperren "durchklickten".

Eine Suchmaschienenindexierung stellt aus sich heraus keine öffentliche Stigmatisierung oder Prangerwirkung dar

Dass der Eintrag über den Kläger auch bei Eingabe seines Namens auf einer Internetsuchmaschine erscheine, mache die Veröffentlichung auf der Website nicht rechtswidrig. Hinzu komme, dass es grundsätzlich ebenso erlaubt sei, sich Informationen über einen Dritten zu beschaffen, wie Informationen über einen Dritten zu erteilen. Der Umstand, dass Suchmaschinen die Beschaffung solcher Informationen erleichtern, ändere hieran nichts. Mit der Möglichkeit einer solchen Suche sei keinerlei öffentliche Stigmatisierung oder Prangerwirkung verbunden.

Die Revision ist gegen das Urteil im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht zulässig.

(tg) - Quelle: PM des OLG Karlsruhe vom 30.01.2009


Online seit: 30.01.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1865
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