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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

Vivaldi-Oper "Motezuma" erschien urheberrechtlich bereits 1733 - Zur Frage wann ein Werk im Sinne des Herausgeberverwertungsrechts i.S.v. § 71 UrhG "bislang nicht erschienen" ist.

BGH, Urteil vom 22.01.2009 - Az. I ZR 19/07 - Motezuma; Vorinstanzen: OLG DĂŒsseldorf, Urteil vom 16.01.2007 - Az. 20 U 112/06, LG DĂŒsseldorf, Urteil vom 17.05.2006 - Az. 12 O 538/05

MIR 2009, Dok. 021, Rz. 1


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Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Werk "bislang nicht erschienen" ist mit der Folge, dass dem Herausgeber der Erstausgabe ein Verwertungsrecht nach § 71 UrhG zusteht, nahm der Bundesgerichtshof in einem am 22.01.2009 verkĂŒndeten Urteil (Az. I ZR 19/07 - Motezuma) Stellung.

Zur Sache

Im Handschriftenarchiv der Sing-Akademie zu Berlin - der KlĂ€gerin -, wurde im Jahre 2002 die Komposition des 1741 verstorbenen Komponisten Antonio Vivaldi zur Oper "Motezuma" entdeckt. Die Oper war im Jahre 1733 unter Leitung Vivaldis am Teatro S. Angelo in Venedig uraufgefĂŒhrt worden. WĂ€hrend das Libretto der Oper bekannt blieb, galt die Komposition lange als verschollen. Die KlĂ€gerin gab Faksimilekopien der aufgefundenen Handschrift heraus. Sie ist der Ansicht, sie habe damit als Herausgeberin der Erstausgabe des Werkes ("editio princeps") das ausschließliche Recht zur Verwertung dieser Komposition erworben. Nach § 71 UrhG steht demjenigen ein solches dem Urheberrecht Ă€hnliches Recht zu, der "ein bislang nicht erschienenes Werk ... erstmals erscheinen lĂ€sst". Die KlĂ€gerin verlangt von der Veranstalterin des DĂŒsseldorfer Kulturfestivals "Altstadtherbst" Schadensersatz, weil diese die Oper im September 2005 in DĂŒsseldorf ohne ihre Zustimmung aufgefĂŒhrt hat.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision der KlÀgerin hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BGH: Darlegungs- und Beweislast fĂŒr "Nichterscheinen" des Werkes grundsĂ€tzlich beim Anspruchsteller

Der Bundesgerichtshof entschied, dass derjenige, der als Herausgeber der Erstausgabe ein entsprechendes Verwertungsrecht an einem Werk beansprucht, zwar grundsĂ€tzlich die Darlegungs- und Beweislast dafĂŒr trĂ€gt, dass dieses Werk (zuvor) "nicht erschienen" ist.

Da es aber in aller Regel schwierig ist, das Nichtvorliegen einer Tatsache darzulegen und nachzuweisen (hier: das Nichterschienensein eines jahrhundertealten Werkes) kann der Anspruchsteller sich zunĂ€chst auf die Behauptung beschrĂ€nken, das Werk sei bislang nicht erschienen. Es ist dann Sache der Gegenseite, die UmstĂ€nde darzulegen, die dafĂŒr sprechen, dass das Werk doch schon erschienen ist. Der Anspruchsteller genĂŒgt seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er diese UmstĂ€nde widerlegt.

Tatbestandsmerkmal "in genĂŒgender Anzahl" i.S.v. § 6 Abs. 2 Satz 1 UrhG setzt eine Kopienanzahl voraus, die dem interessierten Publikum die Kenntnisnahme des Werkes ermöglicht

Nach diesen GrundsĂ€tzen hat die KlĂ€gerin - so der Bundesgerichtshof - nicht hinreichend dargelegt, dass Vivaldis Komposition zur Oper "Motezuma" "nicht erschienen" ist. Ein Werk ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 UrhG erschienen, wenn VervielfĂ€ltigungsstĂŒcke "in genĂŒgender Anzahl" der Öffentlichkeit angeboten oder in Verkehr gebracht worden sind. Das ist der Fall, wenn die Zahl der Kopien ausreicht, um dem interessierten Publikum die Kenntnisnahme des Werkes zu ermöglichen.

BGH: "Motezuma" erschien bereits 1733

Nach Ansicht des BGH sie davon auszugehen, dass die Komposition zur Oper "Motezuma" bereits im Jahre 1733 "erschienen" ist. Aus den von den Parteien vorgelegten Stellungnahmen namhafter Musikwissenschaftler geht hervor, dass damals die fĂŒr venezianische OpernhĂ€user angefertigten Auftragswerke - und um ein solches handelte es sich bei der Oper "Motezuma" - ĂŒblicherweise nur wĂ€hrend einer Spielzeit an dem jeweiligen Opernhaus aufgefĂŒhrt wurden; zudem wurde regelmĂ€ĂŸig ein Exemplar der Partitur bei dem Opernhaus hinterlegt, von dem - wie allgemein bekannt war - Interessenten (etwa auswĂ€rtige FĂŒrstenhöfe) Abschriften anfertigen lassen konnten. Ob es sich auch im Falle der Oper "Motezuma" so verhalten hat, kann zwar heute nicht mehr festgestellt werden. Da die KlĂ€gerin jedoch keine Anhaltspunkte fĂŒr einen abweichenden Ablauf vorgetragen hat, besteht auch in diesem Fall eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass bereits mit der Übergabe des Notenmaterials an die Beteiligten der UrauffĂŒhrung und der Hinterlegung eines Exemplars der Partitur bei dem Opernhaus alles getan war, um dem venezianischen Opernpublikum und möglichen Interessenten an Partiturabschriften ausreichend Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Komposition zu geben.

(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 18/2009


Online seit: 26.01.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1862
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