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Kurz notiert



Landgericht München I

"Jung gebliebener, liebevoller Supertyp, finanziell unabhängig, sucht ..." – Zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit von Heiratsannoncen

LG München I, Urteil vom 12.11.2008 - Az. 21 O 3262/08; nrk

MIR 2008, Dok. 336, Rz. 1


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Mit der Frage der (urheberrechtlichen) Schutzfähigkeit von Heiratsannoncen hatte sich das Landgericht München I in einem am 12.11.2008 verkündeten Urteil (Az. 21 O 2362/08) zu befassen.

Zur Sache

Zu Grunde lag der Streit zweier Partnervermittlerinnen, die beide dem Liebesglück der oberen 10.000 auf die Sprünge helfen wollen. Die Klägerin fand die von ihr verfassten Annoncen für einen millionenschweren Supertypen und die Tochter aus bestem Industriellen-Hause (Alter: 37 Jahre – natürlich – aussehend wie 28) im Heiratsmarkt einer Zeitung wieder. Inseriert hatte diese allerdings die Konkurrenz. Der Millionär war zwar offensichtlich von einer Annonce zur anderen um einen Zentimeter geschrumpft. Ansonsten glichen sich die Annoncen aber fast vollständig. Die Klägerin wusste auch nichts davon, dass der Millionär nun unter den Fittichen der Beklagten sein Glück versuchte. So oder so: Dies Abkupfern wollte sie der Konkurrentin nicht durchgehen lassen. Die Klägerin ließ die Beklagte also abmahnen, blieb allerdings auf den Kosten für ihren Rechtsanwalt sitzen und klagte diese nun ein.

Identische Person – identischer Text? - Abschreiben von Personenbeschreibungen erlaubt?

Vor Gericht stritten die beiden Heiratsvermittlerinnen dann darum, ob die Beklagte überhaupt abgeschrieben hat – schließlich, so meinte die Beklagte, sei doch ganz klar, dass bei der Beschreibung der identischen Person auch ein ähnlicher Text herauskommen müsse. Außerdem wurde darum gestritten, ob es nicht erlaubt sein muss, solche Texte abzuschreiben.

Entscheidung des Gerichts: Heiratsannonce als individuell-schöpferische Leistung schutzfähig!

Das Gericht gab schließlich der Klägerin Recht:

"Es besteht auch nicht der geringste Zweifel daran, dass die Beklagte abgeschrieben hat. Angesichts der geradezu unerschöpflichen Vielfalt der Möglichkeiten, ein- und dieselbe Person in einer solchen Annonce darzustellen, kann die Beklagte dem Gericht nicht weismachen, dass sie den Text der Klägerin nicht – unter Vornahme geringfügiger Änderungen – abgeschrieben hat."

Die Beschreibung und Charakterisierung einer Person ist vielfältig und einer schöperischen Leistung zugänglich - Hier: Wortwahl und Stil gerade auf den angesprochenen Personenkreis zu geschnitten.

Außerdem hielt das Gericht die konkrete Annonce für schutzfähig:

"Die Annoncen der Klägerin sind in Wortwahl und Stil gekonnt auf den angesprochenen (elitären) Personenkreis zugeschnitten; schon darin ist eine individuell-schöpferische Leistung zu sehen. Es ist auch – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht etwa so, dass die Texte durch die zu beschreibenden Personen weitgehend vorgegeben sind – wie das etwa für die Beschreibung eines Staubsaugers zutreffen mag. Bei der Beschreibung und Charakterisierung einer Person lässt sich nicht nur die nahezu unerschöpfliche Vielfalt der Sprache, sondern insbesondere auch die ganze Bandbreite der menschlichen Wahrnehmung zur Geltung bringen. So leistet in den Annoncen der Klägerin auch die Auswahl der Charaktereigenschaften ebenso wie deren sprachliche Umsetzung einen Beitrag zur individuell-schöpferische Leistung."

(tg) – Quelle: PM des LG München I Nr. 60/08 vom 13.11.2008


Online seit: 14.11.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1805
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