Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Gesundheitszustand unterliegt dem Schutz der Privatsphäre - Bundesgerichtshof entscheidet erneut über die Veröffentlichung von Bildern von Caroline Prinzessin von Hannover und Ernst August Prinz von Hannover
BGH, Urteile vom 14.10.2008 - Az. VI ZR 256/06 - Vorinstanzen: LG Hamburg, Az. 324 O 463/05, OLG Hamburg - Az. 7 U 57/06; Az. VI ZR 260/06 - Vorinstanzen: LG Hamburg, Az. 324 O 797/05, OLG Hamburg - Az. 7 U 63/06; Az. VI ZR 271/06 - Vorinstanzen: LG Hamburg, Az. 324 O 465/05, OLG Hamburg - Az. 7 U 60/06 und Az. VI ZR 272/06 - Vorinstanzen: LG Hamburg, Az. 324 O 463/05, OLG Hamburg, Az. 7 U 58/06
MIR 2008, Dok. 305, Rz. 1
1
Zur Sache
Die klagenden Eheleute haben sich gegen die Veröffentlichung von Fotos in den von den Beklagten verlegten Presseerzeugnissen gewandt. Diese hatten im Zusammenhang mit der damaligen lebensgefährlichen Erkrankung des Ehemannes an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse (unterschiedliche) Artikel über die Erkrankung, Alkoholgenuss als mögliche Ursache und die Erholungsphase veröffentlicht, die überwiegend mit älteren Aufnahmen, in einem Fall mit einer aktuellen Aufnahme bebildert waren.
In allen Verfahren hatten die Anträge der Kläger auf Unterlassung erneuter Veröffentlichung der Fotos in den Vorinstanzen Erfolg.
Entscheidung des BGH: Gesundheitszustand gehört zur Privatsphäre - Schutzinteresse überwiegt Berichterstattungsinteresse
Der unter anderem für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat hat nunmehr die Revisionen der Verlage zurückgewiesen. Die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Kläger und der Presse- und Informationsfreiheit ergebe, dass bei sämtlichen Bildveröffentlichungen dem Persönlichkeitsrecht der Kläger Vorrang zukomme. Das Interesse der Kläger am Schutz der eigenen Privatsphäre, zu der im Allgemeinen auch der Gesundheitszustand gehöre, also ihr Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach nicht an die Öffentlichkeit gehörten, überwiege das Interesse an einer Berichterstattung und gestatte es nicht, in das Recht der Kläger am eigenen Bild einzugreifen.
Ein Interview Prominenter zu ihren Erkankungen rechtfertigt nicht ohne weiteres den in einer Bildveröffentlichung liegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
Dass der Kläger in einem der Fälle vor Veröffentlichung, in den anderen Fällen kurz nach Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahmen Interviews zu seiner Erkrankung gegeben habe, könne den in den Bildveröffentlichungen liegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Abgebildeten nicht rechtfertigen.
(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 191/2008 vom 14.10.2008
Die klagenden Eheleute haben sich gegen die Veröffentlichung von Fotos in den von den Beklagten verlegten Presseerzeugnissen gewandt. Diese hatten im Zusammenhang mit der damaligen lebensgefährlichen Erkrankung des Ehemannes an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse (unterschiedliche) Artikel über die Erkrankung, Alkoholgenuss als mögliche Ursache und die Erholungsphase veröffentlicht, die überwiegend mit älteren Aufnahmen, in einem Fall mit einer aktuellen Aufnahme bebildert waren.
In allen Verfahren hatten die Anträge der Kläger auf Unterlassung erneuter Veröffentlichung der Fotos in den Vorinstanzen Erfolg.
Entscheidung des BGH: Gesundheitszustand gehört zur Privatsphäre - Schutzinteresse überwiegt Berichterstattungsinteresse
Der unter anderem für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat hat nunmehr die Revisionen der Verlage zurückgewiesen. Die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Kläger und der Presse- und Informationsfreiheit ergebe, dass bei sämtlichen Bildveröffentlichungen dem Persönlichkeitsrecht der Kläger Vorrang zukomme. Das Interesse der Kläger am Schutz der eigenen Privatsphäre, zu der im Allgemeinen auch der Gesundheitszustand gehöre, also ihr Interesse am Schutz privater Vorgänge, die einfach nicht an die Öffentlichkeit gehörten, überwiege das Interesse an einer Berichterstattung und gestatte es nicht, in das Recht der Kläger am eigenen Bild einzugreifen.
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Dass der Kläger in einem der Fälle vor Veröffentlichung, in den anderen Fällen kurz nach Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahmen Interviews zu seiner Erkrankung gegeben habe, könne den in den Bildveröffentlichungen liegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Abgebildeten nicht rechtfertigen.
(tg) - Quelle: PM des BGH Nr. 191/2008 vom 14.10.2008
Online seit: 14.10.2008
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