Rechtsprechung
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.06.2008 - 13 B 668/08
"Sie haben gewonnen! Für weitere Informationen drücken Sie jetzt..." - Zur telekommunikations- und wettbewerbsrechtlichen Bewertung so genannter "Tastendruckmodelle".
TKG §§ 66i Abs. 1 Satz 2, 66l, 67 Abs. 1 Satz 1, Satz 4; UWG §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3
Leitsätze:*1. Nach § 66i Abs. 1 Satz 1 TKG dürfen bei Telefonverbindungen, bei denen dem Angerufenen das Verbindungsentgelt
in Rechnung gestellt wird, keine Zahlungen an den Anrufer erfolgen. Die Zulässigkeit eines R-Gesprächs hängt damit
gemäß § 66i Abs. 1 Satz 1 TKG von dem Vorliegen eines Drei-Personen-Verhältnisses ab (Anrufer, Anbieter, Angerufener).
Das Angebot von R-Gesprächsdiensten mit einer Zahlung an den Anrufer ist nach § 66i Abs. 1 Satz 2 TKG unzulässig.
2. Mit Verbindungsentgelten i.S. von § 66i Abs. 1 Satz 1 TKG sind Entgelte für Dienstleistungen gemeint, wie sie bei einem
konventionellen R-Gespräch anfallen, wenn der Angerufene neben der Telefonverbindung den Dienst des
Anbieters des R-Gesprächs zu zahlen hat.
3. Ein sog. "Tastendruckmodell", bei dem der Angerufene mittels eines (hier: gem. § 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG) unzulässigen
Werbeanrufs (hier: angebliche Gewinnmitteilung) durch einen Anrufautomaten veranlasst wird, durch drücken einer bestimmten Taste
die Anwahl einer Premium-Dienst-Rufnummer durch den Anrufcomputer auszulösen, ohne selbst eine Premium-Dienst-Rufnummer zu wählen,
begründet lediglich ein Zwei-Personen-Verhältnis und umgeht die Maßgaben des § 66i Abs. 1 TKG. Ein solches "Tastendruckmodell" verstößt gegen das Umgehungsverbot des § 66l TKG.
4. Dies gilt auch, soweit der Angerufene eine (verschleierte) Preisansage vor dem Drücken der Telefontaste erhalten hat.
Die Vertragsanbahnungssituation wirkt insoweit auf den Angerufenen überrumpelnd. Auch eine "Bedenkzeit" von lediglich 3 Sekunden
vor der Weiterleitung auf die kostenpflichtige Premium-Rufnummer ist zu knapp bemessen um eine verständige Entscheidung des betreffenden Nutzerkreises erwarten zu können.
5. So genannte "Tastendruckmodelle", die die Anwahl einer kostenpflichtigen 0900er-Nummer veranlassen, umgehen eine durch den
Angerufenen veranlasste Sperrung solcher Mehwertdienstenummern, da eines solche Nummernsperrung nur bei einem selbständigen Gesprächsaufbau greift und nicht einem solchen durch einen Anrufautomaten. Insbesondere liegt in dem "Tastendruck" durch den Angerufenen
nicht ohne weiteres eine Aufhebung der Sperrung.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 08.10.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1770
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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