Rechtsprechung
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.01.2008 - 17 U 185/07
Ansprüche der Bank gegen den Finanzagenten - Der überweisenden Bank kann im Falle des Phishing gegen den so genannten Finanzagenten ein Rückzahlungsanspruch zustehen.
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2; AGB-Banken Nr. 8 Abs. 1
Leitsätze:*1. Allein daraus, dass dem durch das so genannte Phishing geschädigten Bankkunden gewisse Unregelmäßigkeiten bei der
Benutzung des Online-Banking auffallen (hier: Mitteilung, dass die verwendete TAN-Nummer bereits verbraucht sei und die daraus
resultierende Unsicherheit des Bankkunden, ob er lediglich vergessen hatte, die TAN-Nummer nach der Verwendung im aktuellen TAN-Block
zu streichen) lässt sich nicht ohne weiteres ein Verschulden bzw. die Zurechenbarkeit der später gefälschten Überweisung herleiten.
Ein solche Annahme würde die Anforderungen an die, das Online-Banking nutzenden, Bankkunden übersteigen. Für ein Verschulden bzw. die
Zurechenbarkeit ist ein konkret vorwerfbares Zugänglichmachen der Daten in Form von PIN und TAN durch den Kunden notwendig
(hier: verneint).
2. Bei Phishingtranksaktionen handelt es sich um eine fehlerhafte Gutschrift im Sinne von Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken
(Storno – u. Berichtigungsbuchung der Bank), da in dieser Klausel keine Einschränkung dahingehend vorgenommen wird, in wessen
Sphäre der Fehler zu liegen hat.
3. Handelt es sich bei einer Phishingtransaktion um eine Hausüberweisung, d.h. ist die überweisende Bank sowohl Bank des geschädigten
Kunden (Anweisung) als auch des Finanzagenten (hier: "Finanzverwalters" - Empfänger), steht der Bank ein Stornorecht gemäß
Nr. 8 Abs. 1 AGB-Banken zu, wenn zwischen Buchung und Rückbuchung kein Rechnungsabschluss liegt und ein Rückzahlungsanspruch gegen den Finanzagenten besteht.
4. Der Rückzahlungsanspruch gegen den Finanzagenten ergibt sich dann aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB, da der Finanzagent die
Gutschrift mangels wirksamen Auftrags ohne Rechtsgrund auf Kosten der Bank erlangt. Insofern sind die im Wegen des Phishing vorgenommenen Gutschriften den geschädigten Kunden nicht als Leistung zuzurechnen, weil kein entsprechender Überweisungsauftrag erteilt und es somit an der notwendigen Leistungsbestimmung fehlt. Die Nichtleistungskondition wird daher nicht von einem vorrangigen Leistungsverhältnis verdrängt (BGH, Urteil vom 21.06.2005 - Az. XI ZR 152/04 = NJW 2005, 3213; vgl. auch: LG Bonn, Urteil vom 29.12.2006 - Az. 3 O 236/06 = MMR 2007, 462).
5. Zwar haben die Banken eine vertragliche Nebenpflicht, ihre Kunden vor dem Missbrauch von Zugangsdaten zu warnen und den Missbrauch
soweit möglich zu verhindern. Der Schutzumfang dieser Pflicht geht indes nicht soweit, dass derjenige vor einem Schaden geschützt werden soll, der ihm dadurch entsteht, dass er als Teil eines kriminellen Systems - obgleich als vorsatzloses Werkzeug - Gelder, die von ihm Unbekannten auf seinem Konto eingehen, unverzüglich abhebt und mittels Barüberweisung an ihm ebenfalls unbekannte Personen (hier: in osteuropäischen Zielländern) überträgt.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 06.09.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1742
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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