Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Urteil vom 24.06.2008 - 7 U 38/08
Bildrechtsschutz von Prominentenkindern - Für einwilligungslose Veröffentlichungen von Bildnissen minderjähriger Kinder prominenter Personen kommt - außerhalb enger Grenzen - ein generelles Verbot in Betracht.
KUG §§ 22, 23
Leitsätze:*1. Für den Bildrechtsschutz von Kindern (§§ 22, 23 KUG) ist deren besondere Schutzbedürftigkeit zu beachten.
Das Bedürfnis eines Minderjährigen nach einem generalisierenden Verbot zwecks effektiven Rechtsschutzes ist
erst recht als gewichtig anzusehen, nachdem das Bundesverfassungsgericht die Schutzbedürftigkeit des Kindes
hervorgehoben und die so genannte Begleiterrechtsprechung für Fälle der Begleitung einer "absoluten Person der
Zeitgeschichte" für die Kinder prominenter Erwachsener im Hinblick auf § 23 Abs. 2 KUG als nicht angemessen
bezeichnet hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.03.2000 - Az. 1 BvR 1454/97).
Danach ist die Veröffentlichung von Fotos, die Kinder in Begleitung prominenter Eltern abbilden, nur dann zulässig,
wenn diese die Eltern bei öffentlichen Auftritten begleiten und damit gleichsam der Öffentlichkeit präsentiert werden.
2. Während im Falle eines erwachsenen Prominenten je nach Gegenstand der Abbildung und dem Begleittext im einzelnen
offen abzuwägen ist, ob persönlichkeitsrechtliche Interessen überwiegen, kann bei der auch bezüglich der Abbildung
Minderjähriger vorzunehmenden Abwägung von vornherein davon ausgegangen werden, dass Abbildungen nur im Ausnahmefall,
nämlich bei Einwilligung oder öffentlicher Präsentation durch die Eltern, gezeigt werden dürfen.
3. Für einwilligungslose Veröffentlichungen von Bildnissen minderjähriger Kinder prominenter Personen kommt - außerhalb
enger Grenzen - ein generelles Verbot in Betracht. Es ist gerechtfertigt, Minderjährigen insoweit einen generellen
Unterlassungsanspruch zuzusprechen, da deren Rechtsschutz ausgehölt würde, wenn ihnen in Fällen wiederholter hartnäckiger
Rechtsverstöße nur die Möglichkeit bliebe, bei weiteren Rechtsverletzungen durch nachfolgende Unterlassungsanträge
ihrem Bildnisrecht gleichsam "hinterherzulaufen.
4. Gleichwohl unterliegt ein solches generelles Verbot der immanenten Beschränkung, dass es jedenfalls nicht für Fälle
von Veröffentlichungen gilt, in die die Eltern ihre Einwilligung erteilt haben, oder für Bildnisse, die
den Minderjährigen bei offiziellen Anlässen mit seinen Eltern zeigen. Zudem ist ein solches Verbot in zeitlicher
Hinsicht auf die Dauer der Minderjährigkeit beschränkt und im Tenor mit einer dahingehenden Klarstellung zu versehen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 18.08.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1722
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 27.05.2021 - I ZR 119/20, MIR 2021, Dok. 065
HHole (for Mannheim) und PHaradies - Zur Zulässigkeit der Entfernung von Kunstinstallationen in einem Museum
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 009
Grenzen bei der Berücksichtigung gerichtsbekannter Tatsachen - Der Umstand, dass eine Tatsache gerichtsbekannt ist, ersetzt regelmäßig nicht den entsprechenden Parteivortrag, sondern nur die Beweisbedürftigkeit
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 09.06.2022 - 6 U 134/21, MIR 2022, Dok. 052
Mietwagendienst "UBER Black" in Deutschland wettbewerbswidrig
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 056
Google-Drittauskunft - Zum Umfang der Auskunftspflichten von Verletzern von Kennzeichenrechten und bestimmten Dritten
BGH, Urteil vom 14.07.2022 - I ZR 121/21, MIR 2022, Dok. 079



