Rechtsprechung
OLG Nürnberg, Beschluss vom 22.06.2008 - 3 W 1128/08
Störerhaftung des Suchmaschinenbetreibers - Der Betreiber einer Internet-Suchmaschine haftet vor einer Abmahnung durch Dritte, die sich durch indexierte und verlinkte Inhalte in ihren Rechten verletzt sehen, grundsätzlich nicht als Störer und nach einem Hinweis nur dann, wenn eine Überprüfung klare und eindeutige Rechtsverletzungen ergibt.
BGB §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1
Leitsätze:*1. Der Betreiber einer Internet-Suchmaschine haftet vor einer Abmahnung durch Dritte, die sich durch in der Suchmaschine aufzufindende
und verlinkte Inhalte in Ihren Rechten verletzt sehen (hier: Verletzung des Persönlichkeitsrechts), grundsätzlich nicht als
Störer einer solchen (behaupteten) Rechtsverletzung. Nach Zugang einer Abmahnung ist die Frage der Störereigenschaft
des Suchmaschinenbetreibers indes differenzierter zu betrachten.
2. Nach dem Hinweis auf (behauptete) Rechtsverstöße ist es dem (jedenfalls dem weltweit größten) Betreiber einer
Internet-Suchmaschine durchaus zumutbar und auch möglich, jedenfalls den behaupteten Rechtsverstößen (hier: durch den Inhalt von
indexierten und verlinkten Seiten) nachzugehen. Wie intensiv diese Prüfung sein muss, hängt davon ab, wie genau diese Verstöße
konkretisiert sind. Es würde die Prüfungspflicht des Suchmaschinenbetreibers überspannen, wenn sie jedem an sie herangetragenen
Vorwurf nachgehen müsste.
3. Die Prüfungspflicht des Betreibers einer Internet-Suchmaschine bezieht sich nur auf die Überprüfung der durch eine Abmahnung
konkret beanstandeten Inhalte (hier: in dem Index der Suchmaschine aufgenommene und verlinkte Webseiten).
4. Liegt nach der Überprüfung (der Abmahnung) durch den Suchmaschinenbetreiber kein klarer und eindeutiger Rechtsverstoß vor,
kommt dieser seiner Prüfpflicht in vollem Umfang nach und scheidet als Störer der behaupteten Rechtsverletzung
(mangels Verletzung von Prüfpflichten) aus.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 12.08.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1716
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
EuGH, Urteil vom 02.03.2017 - C-568/15, MIR 2017, Dok. 012
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