Rechtsprechung
LG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.01.2008 - 3-08 O 143/07
Störerhaftung bei Werbung auf illegaler Tauschbörse - Ein Unternehmen, dass auf wettbewerbs- bzw. rechtswidrigen Internetseiten wirbt, kann als Störer wegen des vom Betreiber der Internetseite begangenen Wettbewerbsverstoßes haften.
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 2; BGB § 1004; JuSchG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, §§ 24 Abs. 3, 27 Abs. 1 Nr. 1
Leitsätze:*1. Das Zugänglichmachen indizierter jugendgefährdender, volksverhetzender und gewaltverherrlichender
Filme im Wege des Herunterladens aus dem Internet ist nach dem Jugendschutzgesetz verboten und strafbar
(§§ 27 Abs. 1 Nr. 1, 15 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 JuSchG).
Indem der Betreiber einer Webseite das Herunterladen solcher Filme ohne Altersverifikationssystem ermöglicht,
handelte er zugleich unlauter im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Denn die Vorschriften aus dem Jugendschutzgesetz
haben die Qualität als Marktverhaltensregelung gemäß § 4 Nr. 11 UWG, weil das Jugendschutzgesetz auch
die wettbewerblichen Interessen der Verbraucher schützt (BGH Urteil vom 12.07. 2007 - Az. I ZK 18/04).
2. Ein Unternehmen, dass auf wettbewerbs- bzw. rechtswidrigen Internetseiten wirbt (hier: illeagale Tauschbörse), kann als Störer wegen des vom Betreiber
der Internetseite begangenen Wettbewerbsverstoßes haften, wenn ein Ausnutzen des Wettbewerbsverstoßes des
Bertreibers vorliegt und das werbende Unternehmen dahingehende Prüfungspflichten verletzt. Ein Ausnutzen des Wettbewerbsverstoßes
liegt bereits dann vor, wenn der Erfolg der Werbung maßgeblich davon abhängt, dass gerade aufgrund des Wettbewerbsverstoßes
(hier: rechtswidrige Downloadmöglichkeit für Filme) die betreffende Internetseite von vielen Internetnutzern aufgesucht
wird, mit der Folge, dass die geschaltete Werbung eine entsprechende Verbreitung findet.
3. Als Störer haftet auch derjenige auf Unterlassung, der - ohne Täter oder Teilnehmer eines
Wettbewerbverstoßes zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten
Gutes (hier: Jugendschutz) beigetragen hat (BGH NJW 2004, 3102, 3105 und 2007, 2636, 2639). Als Mitwirkungshandlung
genügt bereits die Unterstützung oder Ausnutzung der wettbewerbswidrigen Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten.
4. Erlangt ein Unternehmen - dass im Internet auf verschiedenen Webseiten und Internet-Plattformen wirbt (hier: Werbebanner und
"Fly-in Layer Ads", wohl über Werbenetzwerke) - Kenntnis davon, dass seine Werbung auf Webseiten mit wettbewerbs- bzw. rechtswidrigen
Inhalten geschaltet wird (hier: durch eine Abmahnung), obliegt ihm die Pflicht zu prüfen, ob seine Werbung auch auf anderen
wettbewerbs- bzw. rechtswidrigen Webseiten erscheint. Erfolgt dies nicht, liegt eine Prüfpfungspflichtverletzung vor.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 31.05.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1630
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