Rechtsprechung
OLG Köln, Urteil vom 12.10.2007 - 6 U 76/07
Markenverletzung & AdWords-Werbung - Die deutlich sichtbare Verwendung eines (fremden) geschützten Zeichens oder mit diesem (fast) identischen Begriffes in der Überschrift einer AdWords-Anzeige stellt eine markenmäßige Benutzung dieses Zeichens dar.
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 6 und 7, § 15 Abs. 2, 5 und 6; UWG §§ 4 Nr. 10, 8 Abs. 2, 12 Abs. 1 Satz 2; BGB §§ 257 Satz 1, 670, 678, 683 Satz 1, 823 Abs. 1
Leitsätze:*1. Die deutlich sichtbare Verwendung eines (fremden) geschützten Zeichens oder mit diesem (fast) identischen
Begriffes in der Überschrift einer AdWords-Anzeige stellt eine markenmäßige Benutzung dieses Zeichens dar
(vgl. §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 2 MarkenG).
Auf die Problematik der Verwendung eines geschützten Zeichens als Keyword einer AdWords-Kampagne kommt es
dabei nicht an (Abgrenzung zu OLG Köln, Urteil vom 31.08.2007 - Az. 6 U 48/07).
Die Einordnung in die Rubrik "Anzeigen" und der Link mit der Internetadresse des Verletzers ändert hierbei nichts an
dem möglichen Verständnis des Begriffs im Sinne eines Herkunftshinweises.
2. Im Rahmen des Keyword-Advertising (hier: Google-AdWords) haftet der Werbetreibende
- ohne Exkulpationsmöglichkeit – auch für Beauftragte (vgl. §§ 14 Abs. 7, 15 Abs. 6 MarkenG).
Der Begriff des Beauftragten ist weit auszulegen und umfasst eine Werbeagentur (BGHZ 124, 230 = GRUR 1994, 219)
ebenso wie den Anbieter des Advertising-Programms (hier: Google), wenn diesen ein Gestaltungsspielraum – etwa
hinsichtlich Inhalt, Gestaltung und Zeitpunkt des Erscheinens der Anzeige –
eingeräumt (vgl. BGH, GRUR 1990, 1039 – Anzeigenauftrag) oder die Gestaltung eigenschöpferisch überlassen wurde.
3. Der Anspruch auf Ersatz der durch eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung verursachten Anwaltskosten ist
nach dem Prinzip der Naturalherstellung (§ 249 Abs. 1 BGB; für den Aufwendungsersatz gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG,
§§ 683 Satz 1, 670 BGB ergibt sich dieses Prinzip aus § 257 Satz 1 BGB) vor Bezahlung der Kosten durch die Partei
zwar zunächst auf Befreiung (Freistellung) von der (Honorar-) Verbindlichkeit gerichtet (LG Karlsruhe, NJW 2006,
1526; offen gelassen für § 12 Abs. 2 Satz 2 UWG von OLG München, OLGR 2007, 66).
Damit der Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch übergeht, genügt es aber, wenn die Inanspruchnahme des
Befreiungsgläubigers (der Partei) durch den Dritten (den Rechtsanwalt) mit Sicherheit zu erwarten ist (RGZ 78, 26).
Auch kann der Befreiungsgläubiger sogleich (nicht erst im Vollstreckungsverfahren über § 887 Abs. 2 ZPO) die Zahlung
des erforderlichen Geldbetrages an sich verlangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Freistellung
nach § 250 BGB gesetzt hat. Dem steht es gleich, wenn der Ersatzpflichtige die geforderte Herstellung oder überhaupt
jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert (st. Rspr.: BGH, NJW 2004, 1868 f. m.w.N.).
Die Entscheidung wurde mitgeteilt von den Mitgliedern des 6. Zivilsenats des OLG Köln.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 21.03.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1558
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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