Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 20.12.2007 - I ZR 205/04
Versandhandel mit Arzneimitteln - Im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Fall 1 AMG ist nicht allein die in Deutschland und in dem anderen Mitgliedstaat jeweils gegebene Gesetzeslage, sondern die jeweilige Rechtslage im Blick auf die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards miteinander zu vergleichen.
ArzneimittelG §§ 43 Abs. 1, 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a, Satz 3; ApoG §§ 11a, 11b, 21; ApoBetrO § 17 Abs. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 2
Leitsätze:*1. Der Versandhandel mit Arzneimitteln ist nicht mehr grundsätzlich verboten, sondern bedarf nur noch
einer besonderen Erlaubnis. Dies gilt gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG auch für einen Arzneimittelversand
an Endverbraucher von einer Apotheke eines Mitgliedstaates der Europäischen Union aus. Voraussetzung ist,
dass das Arzneimittel entsprechend den deutschen Vorschriften zum Versandhandel oder zum elektronischen
Handel versandt wird. Zum anderen muss die Apotheke nach dem deutschen Apothekengesetz oder nach ihrem
nationalen Recht, soweit dieses dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum
Versandhandel entspricht, zum Versandhandel befugt sein.
2. Im Rahmen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Fall 1 AMG ist nicht allein die in Deutschland und in dem
anderen Mitgliedstaat jeweils gegebene Gesetzeslage, sondern die jeweilige Rechtslage im Blick auf
die tatsächlich bestehenden Sicherheitsstandards miteinander zu vergleichen.
3. Der Umstand, dass das niederländische Recht den Versandhandel mit Arzneimitteln nicht von der Führung
einer Präsenzapotheke abhängig macht, kann einem Versandhandelsunternehmen, das eine Präsenzapotheke
in den Niederlanden nach den dort bestehenden Bestimmungen betreibt, nicht entgegengehalten werden.
4. Die Veröffentlichung einer Übersicht zum Versandhandel mit Arzneimitteln nach § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG
bindet die Gerichte insoweit, als sie Feststellungen dazu enthält, dass in bestimmten Mitgliedstaaten
der Europäischen Union vergleichbare Sicherheitsstandards bestehen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 07.03.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1540
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2025, Dok. 049
Irrtümlich angeordnet - Rechtzeitige Vollziehung einer stattgebenden, auf Unterlassung gerichteten einstweiligen Verfügung mit angeordneter Sicherheitsleistung
OLG Nürnberg, Urteil vom 21.12.2021 - 3 U 3716/21, MIR 2022, Dok. 004
Sachgerechte Prozessführung - Wegfall der Dringlichkeitsvermutung bei Nichtbegründung einer sofortigen Beschwerde gegen einen zurückweisenden Beschluss im Verfügungsverfahren
OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.02.2023 - 3 W 290/23, MIR 2023, Dok. 026
Entscheidungen zum "Recht auf Vergessenwerden" - Auslistungsbegehren gegen Google
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 063
Reizdarmsyndrom - Zur Frage, wann ein Arzt, der sich mit Fachaussagen selbst in die Öffentlichkeit begeben hat, eine (namentliche) Bezugnahme auf diese Fachaussagen in einer Werbeanzeige hinnehmen muss
BGH, Urteil vom 28.07.2022 - I ZR 171/21, MIR 2022, Dok. 074



