Kurz notiert
Landgericht München I
Roman "Esra" - Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts
LG München I, Urteil vom 13.02.2008, Az. 9 O 7835/06; nrk
MIR 2008, Dok. 052, Rz. 1
1
Zur Sache
Hab "Dir alles erzählt/Vor dir Intimstes aufgetaut" singt Herbert Grönemeyer in einem Abgesang auf eine verflossene Liebe. Buchstäblich alles über seine Beziehung zur Klägerin erzählt und dabei Intimstes aufgetaut hatte auch der Beklagte mit seinem Roman "Esra". Erzählen wollte er dies allerdings nicht nur seiner (ehemaligen) Geliebten, sondern (in Form eines Romans) gleich der ganzen Öffentlichkeit. Dabei war die Klägerin – eine bekannte Schauspielerin – aufgrund der Beschreibung und der Biographie der Romanfigur "Esra" ohne weiteres als reale Person zu identifizieren. Der Roman handelt auch von deren Kindern, so dass auch diese über ihre Mutter identifizierbar waren. Dergleichen wurde dem Beklagten und seinem Verlag bereits durch alle gerichtlichen Instanzen, zuletzt gar vom Bundesverfassungsgericht untersagt.
Entscheidung des LG München I: Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Das Landgericht München I hat der Klägerin in einem am 13.02.2008 gegen den Autor und seinen Verlag ergangenen Urteil für diese schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt € 50.000,00 zuerkannt.
Weder Intimleben noch Mutter-Kind-Verhältnis legitime Gegenstände öffentlicher Erörterung
"Unabhängig von der Frage der Wahrheit der Schilderungen" – so die Richter der 9. Zivilkammer in ihrer Entscheidung – "sind weder das Intimleben noch das Mutter-Kind-Verhältnis legitime Gegenstände öffentlicher Erörterung." Die daraus resultierende Persönlichkeitsrechtsverletzung befand die Kammer als so schwerwiegend, dass sie das von der Klägerin geforderte Schmerzensgeld als angemessen bewertete und der Klägerin zusprachen. Es sei – so das Gericht – auch mit Blick auf die Wirkungen der Schadensersatzpflicht auf die Kunstfreiheit „unerlässlich, dass der ebenfalls grundgesetzlich gebotene Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit zivilrechtlichen Sanktionen durchgesetzt werden kann".
Schmerzensgeldklage der Mutter abgetrennt - Einstweilen "Ruhen" des Verfahrens bis zur Klärung von Einzelfragen angeordnet
Einstweilen auf Eis liegt die Entscheidung über die Schmerzensgeldklage der Mutter der Klägerin, die sich durch den Roman ebenfalls in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sieht. Auf Wunsch der Parteien hat die Kammer diesen Teil des Verfahrens abgetrennt und das "Ruhen" angeordnet. Grund hierfür ist, dass noch nicht rechtskräftig geklärt ist, ob auch die Mutter der Klägerin den Roman bzw. einzelne Passagen, in denen sie dargestellt wird, verbieten lassen kann. Die Klärung dieser Frage ist auch für den Schmerzensgeldanspruch maßgeblich. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundesgerichtshof das Verfahren insoweit zurückverwiesen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 08./08 des LG München I vom 13.02.2007
Hab "Dir alles erzählt/Vor dir Intimstes aufgetaut" singt Herbert Grönemeyer in einem Abgesang auf eine verflossene Liebe. Buchstäblich alles über seine Beziehung zur Klägerin erzählt und dabei Intimstes aufgetaut hatte auch der Beklagte mit seinem Roman "Esra". Erzählen wollte er dies allerdings nicht nur seiner (ehemaligen) Geliebten, sondern (in Form eines Romans) gleich der ganzen Öffentlichkeit. Dabei war die Klägerin – eine bekannte Schauspielerin – aufgrund der Beschreibung und der Biographie der Romanfigur "Esra" ohne weiteres als reale Person zu identifizieren. Der Roman handelt auch von deren Kindern, so dass auch diese über ihre Mutter identifizierbar waren. Dergleichen wurde dem Beklagten und seinem Verlag bereits durch alle gerichtlichen Instanzen, zuletzt gar vom Bundesverfassungsgericht untersagt.
Entscheidung des LG München I: Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 EUR wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Das Landgericht München I hat der Klägerin in einem am 13.02.2008 gegen den Autor und seinen Verlag ergangenen Urteil für diese schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt € 50.000,00 zuerkannt.
Weder Intimleben noch Mutter-Kind-Verhältnis legitime Gegenstände öffentlicher Erörterung
"Unabhängig von der Frage der Wahrheit der Schilderungen" – so die Richter der 9. Zivilkammer in ihrer Entscheidung – "sind weder das Intimleben noch das Mutter-Kind-Verhältnis legitime Gegenstände öffentlicher Erörterung." Die daraus resultierende Persönlichkeitsrechtsverletzung befand die Kammer als so schwerwiegend, dass sie das von der Klägerin geforderte Schmerzensgeld als angemessen bewertete und der Klägerin zusprachen. Es sei – so das Gericht – auch mit Blick auf die Wirkungen der Schadensersatzpflicht auf die Kunstfreiheit „unerlässlich, dass der ebenfalls grundgesetzlich gebotene Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit zivilrechtlichen Sanktionen durchgesetzt werden kann".
Schmerzensgeldklage der Mutter abgetrennt - Einstweilen "Ruhen" des Verfahrens bis zur Klärung von Einzelfragen angeordnet
Einstweilen auf Eis liegt die Entscheidung über die Schmerzensgeldklage der Mutter der Klägerin, die sich durch den Roman ebenfalls in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sieht. Auf Wunsch der Parteien hat die Kammer diesen Teil des Verfahrens abgetrennt und das "Ruhen" angeordnet. Grund hierfür ist, dass noch nicht rechtskräftig geklärt ist, ob auch die Mutter der Klägerin den Roman bzw. einzelne Passagen, in denen sie dargestellt wird, verbieten lassen kann. Die Klärung dieser Frage ist auch für den Schmerzensgeldanspruch maßgeblich. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundesgerichtshof das Verfahren insoweit zurückverwiesen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 08./08 des LG München I vom 13.02.2007
Online seit: 13.02.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1516
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Was Sie noch interessieren könnte...
Kosten für Abschlussschreiben III - Den Verfügungsschuldner trifft nach Ablauf der Wartefrist eine Aufklärungspflicht über den Entschluss Widerspruch zu erheben
BGH, Versaumnisurteil vom 09.02.2023 - I ZR 61/22, MIR 2023, Dok. 037
SEPA-Lastschrift - Ein Online-Shop darf Verbrauchern mit Wohnsitz in Deutschland die Lastschriftzahlung von einem in Luxemburg unterhaltenen Konto nicht verwehren
BGH, Urteil vom 06.02.2020 - I ZR 93/18, MIR 2020, Dok. 037
Eilantrag und Rechtsmissbrauch - Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist rechtsmissbräulich, wenn sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele überwiegen
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10.05.2024 - 6 W 41/24, MIR 2024, Dok. 071
Buchung abschließen vs. zahlungspflichtig bestellen - Zu den Anforderungen an die Beschriftung des Bestellbuttons im elektronischen Rechtsverkehr (Fuhrmann‑2)
EuGH, Urteil vom 07.04.2022 - C-249/21, MIR 2022, Dok. 029
Haustürwerbung - Unangekündigte Haustürbesuche zu Werbezwecken stellen nicht ohne weiteres eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG dar
KG Berlin, Urteil vom 01.12.2020 - 5 U 26/19, MIR 2021, Dok. 024
BGH, Versaumnisurteil vom 09.02.2023 - I ZR 61/22, MIR 2023, Dok. 037
SEPA-Lastschrift - Ein Online-Shop darf Verbrauchern mit Wohnsitz in Deutschland die Lastschriftzahlung von einem in Luxemburg unterhaltenen Konto nicht verwehren
BGH, Urteil vom 06.02.2020 - I ZR 93/18, MIR 2020, Dok. 037
Eilantrag und Rechtsmissbrauch - Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist rechtsmissbräulich, wenn sachfremde, für sich genommen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele überwiegen
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10.05.2024 - 6 W 41/24, MIR 2024, Dok. 071
Buchung abschließen vs. zahlungspflichtig bestellen - Zu den Anforderungen an die Beschriftung des Bestellbuttons im elektronischen Rechtsverkehr (Fuhrmann‑2)
EuGH, Urteil vom 07.04.2022 - C-249/21, MIR 2022, Dok. 029
Haustürwerbung - Unangekündigte Haustürbesuche zu Werbezwecken stellen nicht ohne weiteres eine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG dar
KG Berlin, Urteil vom 01.12.2020 - 5 U 26/19, MIR 2021, Dok. 024