Rechtsprechung // Markenrecht
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 02.07.2020 - 6 W 60/20
Nicht den "Kopf in den Sand stecken" - Keine Streitwertbegünstigung, wenn der Verletzer bei eindeutiger Rechtslage auf eine Abmahnung nicht reagiert
MarkenG § 142; UWG § 12 Abs. 4 UWG
Leitsätze:*1. Gemäß § 142 MarkenG kann das Gericht anordnen, dass der Streitwert für eine Partei herabgesetzt wird, wenn diese glaubhaft macht, dass die Belastung mit den Prozesskosten aus dem vollen Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde. Es ist allgemein anerkannt, dass die Herabsetzung des Streitwertes abzulehnen ist, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung selbst als rechtsmissbräuchlich angesehen werden muss. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten liegt auch dann vor, wenn der Verletzer trotz eindeutiger Rechtlage auf die ausgesprochene Abmahnung nicht reagiert (vgl. OLG Frankfurt a.M., 06.04.2005 – 6 W 43/05; OLG Hamburg, 22.11.1984 - 3 W 177/84).
2. Eine Streitwertbegünstigung nach § 142 MarkenG scheidet bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten der antragstellenden Partei regelmäßig aus.
3. Rechtsmissbräuchliches Verhalten muss jedenfalls dann angenommen werden, wenn der Verletzer die der Klage vorausgehende Abmahnung und ein weiteres Nachfass-Schreiben des Markeninhabers ignoriert und den "Kopf in den Sand gesteckt hat", obwohl die Sach- und Rechtslage eindeutig und kein nachvollziehbarer Grund dafür vorgetragen oder ersichtlich ist, warum er sich nicht schon in dieser Phase Rechtsrat eingeholt hat, wenn er Zweifel an der Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche hatte. In diesem Fall führt das Verhalten des Verletzers geradewegs zur Entstehung weiterer Kosten, weil dem Markeninhaber kein anderer Weg als die Klageerhebung bleibt.
4. Die bei § 142 MarkenG für die Streitwertbegünstigung anzuwendenden Erwägungen gelten entsprechend für die Streitwertminderung nach § 12 Abs. 4 UWG.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 20.08.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3009
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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