Rechtsprechung
OLG München, Urteil vom 26.06.2007 - 18 U 2067/07
Verlinkung von Bildern einer Person - Durch die Setzung eines (Hyper-) Links auf Bildnisse einer Person können diese in einer Weise öffentlich zur Schau gestellt werden, die das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten verletzt.
BGB §§ 1004, 823 Abs. 1; KunstUrhG §§ 22, 23; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 Satz 2; EMRK Art. 8, Art. 10
Leitsätze:*1. Bildnisse werden verbreitet, wenn sie als körperliche Gegenstände weitergegeben werden.
Öffentlich zur Schau gestellt werden Bildnisse, wenn sie für eine nicht bestimmt abgegrenzte und nicht
untereinander oder zu einem Veranstalter persönlich verbundene Mehrzahl von Personen
sichtbar gemacht werden.
2. Durch die Setzung eines (Hyper-) Links auf Bildnisse einer Person werden diese öffentlich zur
Schau gestellt. Dies gilt erst recht, wenn eine solche Linksetzung bewusst eingesetzt wird, um Bildnisse in
einen Wortbericht einzubetten und bewusst als Untermauerung für die im Wortbericht geschilderten
Umstände (hier: die angebliche Dummheit, Bomiertheit und Realitätsverschiebung der abgebildeten Person)
verwendet werden.
3. Eine Einwilligung in die Veröffentlichung ergibt sich nicht daraus, dass die abgebildte Person
in die Veröffentlichung der Bildnisse an einem anderen Ort (hier: einer anderen Internetseite) eingewilligt hat.
Die Reichweite einer Einwilligung gem. § 22 Satz 1 KunstUrhG ist durch Auslegung nach den
Umständen des Einzelfalles zu ermitteln. Es bedarf keiner ausdrücklichen Beschränkung
der Einwilligung seitens des Betroffenen. Vielmehr hängt der Umfang der Einwilligung wesentlich
von der Art der Veröffentlichung ab, die den unmittelbaren Anstoß für die Erteilung gegeben hat;
ihr darüber hinaus Bedeutung auch für spätere Veröffentlichungen eines anderen Zuschnitts beizulegen,
ist in aller Regel nur aufgrund eines dahin gehenden besonderen Interesses möglich (hier: verneint; vgl. dazu auch
BGH VersR 2005, 83).
4. Unter Berücksichtigung der Grundsätze des "abgestuften Schutzkonzepts" des Bundesgerichtshofs
(vgl. zuletzt etwa: BGH, Urteil vom 03.07.2007 - Az. VI ZR 164/06; BGH, Urteil vom 19.06.2007 - Az. VI ZR 12/06;
BGH , Urteil vom 06.03.2007 - Az. VI ZR 51/06; BGH, Urteil vom 06.03.2007 - Az. VI ZR 13/06)
sind bei Bildveröffentlichungen bereits bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG)
die widerstreitenden Rechte und Grundrechte der Beteiligten abzuwägen. Gleichwohl ist eine
zu einer Wortberichterstattung zugeordnete Abbildung dann nicht zulässig und verletzt ohne die Einwilligung
des Abgebildteten dessen Persönlichkeitsrechte, wenn den Abbildungen keine Information über ein zeitgeschichtliches
Ereignis zu entnehmen ist und die Abbildungen keinen Beitrag zu einer Disskussion von allgemeinem
Interesse darstellen. Selbst dann, wenn man unerstellt, dass die beanstandeten Abbildungen noch ein Beitrag zur einer
allgemeinen Diskussion sind, kann das berechtigte Interesse des Betroffenen gem. Art. 8 EMRK und Art. 1
Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG das Recht der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG) überwiegen,
wenn die zur Schau gestellten Bildnisse insoweit aus dem Zusammenhang gerissen sind (hier: zeigten die Bilder
den Betroffenen bei einer Freizeitbeschäftigung in seiner Privatsphäre; dem Paintballspiel).
Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 16.11.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1426
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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